Ein Gang mit aufwändig restaurierten Stuckarbeiten aus dem Jahr 1901 führt zum Saal des Heidhauser Kamillushauses. Einmal pro Woche kommen die Patienten, allesamt ehemalige Alkoholiker, dort zusammen. „Katechese mache ich natürlich nicht, denn ich weiß, dass ich damit bei den Jungs und Mädels auf Granit beißen würde. Schließlich bin ich seit 30 Jahren im Geschäft.“ Empathie und Fingerspitzengefühl im Umgang mit Alkoholikern dürfe man ihm also zutrauen, sagt der Kamillianer-Pater Dietmar Weber.

Doch die 112-jährige Tradition der Suchtklinik auf der Heidhauser Höhe, sie geht zu Ende. Nachwuchs- und Geldsorgen zwangen den Orden, eine Entscheidung zu treffen. Nun führt die Katholische Klinik Ruhrhalbinsel (KKR) die Geschäfte. „Eine Entscheidung, die mit viel Herzblut verbunden war und im Orden kontrovers diskutiert wurde“, sagt Pater Weber, „aber uns war klar: Wenn uns das Fortbestehen des Hauses ein Anliegen ist, müssen wir den Betrieb in andere Hände geben.“

Die Neuerungen im Gesundheitssystem und das damit verbundene immer strengere Spardiktat, mache es schwierig, eine vergleichsweise kleine Fachklinik mit 115 Therapieplätzen am Markt zu behaupten. „Das fängt beim Personal an. Wir müssen immer zwei bis drei Personen haben, die bei Krankheitsfällen einspringen. Im Verbund mit einem großen Krankenhaus können personelle Engpässe ausgeglichen werden.“ Dann gab’s Probleme mit der Auslastung. „Bislang mussten wir Patienten abweisen, wenn wir kein Bett frei hatten oder wenn eine Frau aufgenommen werden sollte, aber nur ein Bett in einem Männer-Zimmer frei war“, sagt Dietmar Weber.

Man hätte das baulich lösen können – doch die Versicherungsträger gaben kein Geld. Schon die 1,8 Millionen teure Sanierung musste der Orden fremdfinanzieren. Zusätzlich klaffte im 3 Millionen Euro-Haushalt jährlich eine Deckungslücke von 130 000 Euro. „In den letzten Jahren hat der Orden für einen ausgeglichenen Haushalt gesorgt. Aber es kann natürlich nicht die Aufgabe von Orden sein, das deutsche Gesundheitswesen zu unterstützen.“

Doch im Gesundheitswesen stehen die Zeichen auf Kooperation und die dadurch entstehenden Einsparpotenziale. So üben sich immer mehr Kliniken im Zusammenschluss. Die katholischen Kliniken im Essener Norden bilden einen Verbund, die beiden konfessionellen Häuser in Werden ebenso. Anschluss fanden die Kamillianer schließlich an die Kath. Klinik in Kupferdreh. Dort sicherte man zu: Entlassungen werde es nicht geben. Im Gegenteil wolle man investieren. „Wir werden zum Beispiel eine Station mit sechs bis acht Betten einrichten, um kurzfristig Patienten aufnehmen zu können und damit das Auslastungsproblem des Kamillushauses zu minimieren“, so Martin Blasig, Geschäftsführer der KKR. Personell will man sich bei Engpässen aushelfen, die Schreibbüros werden zentralisiert, arbeiten für beide Häuser. Der Einkauf lässt sich - durch die Abnahme großer Mengen - günstiger regeln und im Bedarfsfall werden die Patienten des Kamillushauses etwa von innerer Medizin und Neurologie des Kupferdreher Krankenhauses mitbetreut. Das hilft sparen – und macht sich gut im Angebot der Kupferdreher Klinik.

Denn die Arbeit der Patres am Kamillushaus genießt bundesweit guten Ruf. In der Tat hat der Orden in der Behandlung Suchtkranker Maßstäbe gesetzt, die zum Beispiel in die Standards, die Versicherer heute für die Behandlung Suchtkranker fordern, eingegangen sind. So ist nicht verwunderlich, dass die weitere Mitarbeit der sieben Patres ausdrücklich gewünscht ist.