Essen. Zwei Jahre lang soll ein Ex-Polizist aus Überruhr seine Stieftochter sexuell missbraucht haben. Nun muss sich der 66-Jährige vor Gericht verantworten. Der Pensionär gab bereits sexuelle Kontakte zu seiner Stieftochter zu, diese sei aber nach ihrem 16. Geburtstag und einvernehmlich gewesen.

Für Recht und Ordnung stand er sein Berufsleben lang. Aber jetzt, mit 66 Jahren, sitzt er auf der falschen Seite vor der V. Essener Strafkammer. Die Staatsanwaltschaft wirft dem pensionierten Polizisten aus Überruhr vor, 2010 und 2011 seine Stieftochter sexuell missbraucht zu haben. Von 22 Fällen spricht die Anklage.

Davon wird nicht mehr viel übrig bleiben, weil die Kammer 15 Fälle wegen eher schwacher Beweislage einstellt. Jetzt geht es rechtlich darum, ob der Angeklagte seine Erziehungsautorität ausgenutzt hat, um mit der Stieftochter zu schlafen. Übrig sind die sieben Fälle, die der Pensionär selbst einräumte: „Wir hatten Geschlechtsverkehr. Aber das war nach ihrem 16. Geburtstag, und alles war einvernehmlich.“

Die heute 18-Jährige hatte davon gesprochen, dass sie während der Taten kaum Widerstand geleistet hätte, weil sie sich davon nichts versprochen habe. Allerdings habe sie ihm deutlich gesagt, dass sie nicht mit ihm schlafen wolle.

Mutter soll Beschwerden der Tochter nicht ernst genommen haben

Als die Frau des Angeklagten starb, zog er 2007 mit dem Mädchen und dessen Mutter zusammen. Das Kind litt an Rückenschmerzen, deshalb hätte der Angeklagte ihm mit Einverständnis der Mutter regelmäßig den Rücken eingecremt, heißt es in der Anklage. Schon dabei soll er es im Intimbereich berührt haben. Wenn das Kind sich darüber beschwerte, soll die Mutter das nicht ernst genommen haben. Schließlich sei das Verhältnis von Tochter und Stiefvater nicht gut gewesen.

Laut Anklage soll der Polizist a. D. es ausgenutzt haben, wenn die Mutter zum Einkaufen außer Haus war. Fast ein Jahr sei das gut gegangen. Doch am 17. Oktober 2011 kehrte die Mutter überraschend früh zurück und ertappte ihn, als er nackt aus dem Zimmer der Tochter kam. Er soll den Geschlechtsverkehr sofort zugegeben haben und von einer Art „Therapie“ für das Mädchen gesprochen haben. Es solle Sex nicht mit unerfahrenen Jungen lernen, sondern besser mit ihm. Daraufhin trennte sich die Frau von ihm und erstattete Anzeige.

Angeklagter scheint sich keiner Schuld bewusst zu sein

Die Biografie des Mädchens stimmt traurig. Schon als Elfjährige war sie vom damaligen Partner ihrer Mutter sexuell missbraucht worden. Später nahm sie Haschisch, litt an depressiven Symptomen. In einem Brief an ihre Mutter schrieb sie im Sommer 2010, ihr Hund sei „das Einzige, was mich leben lässt“.

Der frühere Polizeibeamte verteidigt sich offensiv, scheint sich keiner Schuld bewusst zu sein. Auch einer 60 Jahre alten Nachbarin gegenüber hatte er den Geschlechtsverkehr eingeräumt. Sie hatte ihm vorgeworfen, die Vorgeschichte des Mädchens, also den früheren Missbrauch, ignoriert zu haben. Sie sei doch einverstanden gewesen, entgegnete er. „Aber Du bist erwachsen und hättest es sein lassen sollen“, antwortete ihm die Nachbarin.