Altenessen. .

Die riesigen, roten Buchstaben sind unübersehbar: „Totenhaus“ ist da in mannshohen Lettern auf einer Hauswand nahe des Altenessener Bahnhofs zu lesen. Eine provokante, aber nicht weniger exakte Beschreibung der derzeitigen Zustände im Quartier. Geschrieben hat sie der Künstler Gigo Propaganda, der mit seinem Kunstprojekt für Impulse und eine Belebung des Stadtteils sorgen will.

Das Haus an der Altenessener Straße steht seit Jahren leer. Gegenüber, in einem verlassenen Tattoo-Studio, hat der 34-Jährige sich eingerichtet – inmitten der Tristesse des Essener Nordens. Die Wände seines „Büros“ sind kahl, nur ein windschiefes Schild über dem Eingang erinnern an den Vormieter. Ein farbverschmierter Stuhl, ein kleiner Tisch, darauf ein Computer mit Laptop, das ist alles. „Zuletzt hat der Eigentümer den Laden als Lager benutzt“, erklärt er, „daher liegen hier auch die ganzen Kartons mit den Bodenfliesen herum.“

„Lost places“, verlorene Orte wie diesen, findet man im Bereich zwischen Bahnhof und Palmbuschweg zuhauf. Deshalb versucht Stadtteilmoderatorin Tanja Rutkowski vom Stadttteilprojekt Altenessen-Süd/Nordviertel einen Prozess anzustoßen, „um eine optisch-bauliche Aufwertung mit neuen Nutzungen leerstehender Ladenlokale und des öffentlichen Raums zu starten.“ Sie wandte sich an die Künstler des Altenessener Projekts „Kunst schafft Stadt“. Dessen Künstlerischer Leiter, Joscha Hendricksen, stellte den Kontakt zu Gigo Propaganda her. Sein Projekt ist jedoch eigenständig.

Seit zwei Wochen streift der Künstler durch den Stadtteil, spricht mit Menschen, die dort leben und arbeiten. Auch mit Hauseigentümern führt er Interviews, um das Gesagte auf Video, Foto oder als Text festzuhalten. Fragen wie „Was ist uns wichtig? Wohin soll sich unser Quartier entwickeln? und „Wie wollen wir miteinander leben?“ spielen dabei eine zentrale Rolle. Prägnante Zitate verewigt Gigo Propaganda auch als Malerei auf der Fassade der ausgedienten Tankstelle gegenüber. Jeden Tag kommen neue hinzu. „So bringe ich diese längst vergessenen Bauten wieder in das Bewusstsein der Menschen zurück“, umschreibt er die Intention. Was auch nötig zu sein scheint: „Der Eigentümer der Tankstelle musste das Schloss aufbrechen lassen, weil er keinen Schlüssel mehr hatte.“

Durch seine „Portraits“ ermittelt Gigo den „Istzustand“ und hofft so, „identitätsstiftende Ansätze“ zu finden, die dazu führen, dass die Menschen im Quartier Gedanken und Ziele entwickeln, um das Leben im Stadtteil zu verbessern. Offensichtlich mit Erfolg: Einige Eigentümer wollen gemeinsam ihre lange leerstehenden Immobilien sanieren und beleben.