Essen. . Oberbürgermeister Reinhard Paß lehnt einen vorzeitigen Amtsverzicht zur Angleichung der Wahltermine ab. Dabei wären seine Genossen und die Grünen dafür .

Donnerstagnachmittag um kurz nach fünf blasen die Narren wieder zum traditionellen Sturm aufs Rathaus: Mit vereinten Kräften wollen sie dem OB dann den Schlüssel für die Chefetage entreißen, und Reinhard Paß wird sich mit gespielter Vehemenz erst tapfer weigern – um dem jecken Volk dann doch das Regiment zu überlassen.

Bei einem anderen „Sturm aufs Rathaus“ wird man das Essener Stadtoberhaupt dagegen deutlich kampfesmutiger erleben: Für das Ansinnen von Rot-Grün nämlich, den (Ober-)Bürgermeistern landauf landab einen vorzeitigen Amtsverzicht nahezulegen, damit schon 2014 die Wahltermine für Rat, Bezirksvertretungen und OB-Posten wieder angeglichen werden können, hat der hiesige OB nur ein Kopfschütteln übrig. Verzichten? Er? „Nein“, heißt die knappe Antwort, und sie klingt wie „Basta“.

Dabei räumt auch Paß ein: Eine gewisse Wahl(kampf)müdigkeit ist womöglich „nicht von der Hand zu weisen“, wenn 2015 seine erste sechsjährige Amtszeit endet und Bundestags-, Europa- und Kommunalwahl hinter allen Beteiligten liegen. Aber das werde ja 2020 in die Reihe kommen, kein Grund zu besonderer Eile also, findet der OB.

Und bei aller Wahlmüdigkeit der Bürger: „Wir wissen auch, dass es oft lokal temporäre Ereignisse geben kann, die Bürger und Parteimitglieder zusätzlich motivieren können“, so Paß.

Mit dieser Position stellt sich Essens Oberbürgermeister deutlich gegen die eigenen Genossen im Landtag – und findet ausgerechnet in Thomas Kufen Verständnis für seine Position: „Die Entscheidung liegt beim OB“, sagt der Frontmann der Rats-CDU betont gelassen, „ich drängle da weder, noch bremse ich: Wenn jemand für sechs Jahre gewählt ist, soll er den Job auch sechs Jahre lang machen.“ Ohnehin, so der Christdemokrat, habe er den Eindruck, „dass die Bürger solche taktischen Spielchen nicht mögen“.

Taktische Spielchen? Das bringt wiederum die führenden Sozialdemokraten auf die Palme: „Ich kann da keine Trickserei erkennen“, sagt etwa SPD-Fraktionschef Rainer Marschan, der einen vorzeitigen Amtsverzicht im Prinzip für „eine gute Sache“ hielte: Den Städten bliebe eine kostspielige Wahl erspart, den Parteien aufwändige Wahlkämpfe, und die Wahlbeteiligung, so glaubt er, würde bei einem kombinierten Urnengang für Rat, Bezirksvertretungen und OB spürbar höher ausfallen, als wenn man auf „getrennten Rechnungen“ besteht.

SPD-Parteichef Dieter Hilser bläst ins selbe Horn: Auch er sieht Profiteure auf allen Seiten – und Verständnis bei den Bürgern, „wenn man denen das richtig erklärt“. Aber natürlich, räumt Hilser ein, geht das nur, wenn die jeweiligen Amtsinhaber mitspielen, und aus den beiläufigen Gesprächen mit Reinhard Paß weiß Hilser, dass dieser von einem vorzeitigen Amtsverzicht nicht viel hält. Vermintes Gelände, da hält man sich besser raus: Klar wird Hilser im Landtag für das Gesetz stimmen, aber „zur konkreten Situation in Essen gebe ich keinen Kommentar“.

Den formuliert Mehrdad Mostofizadeh als Vorstandssprecher der Essener Grünen umso lauter: „Wer als Oberbürgermeister selbstbewusst genug ist, wird diesen vorzeitigen Amtsverzicht mitmachen“, so ließ sich Mostofizadeh gestern vernehmen: Sie stärke die „Verantwortungsgemeinschaft“ von Rat und OB, so ist der Grüne überzeugt, und forderte Paß ausdrücklich auf, der „charmanten Idee“ zu folgen.

Charmante Idee? Der OB nennt sie eher „unglaubwürdig“, und der Sturm aufs Essener Rathaus, ist für ihn, so scheint es, nur ein schlechter Karnevalsscherz.

INFO: Getrennte Termine

Auf Initiative der schwarz-gelben Landesregierung wurden bei der Kommunalwahl 2009 die Amtszeiten von Räten und (Ober-)Bürgermeistern entkoppelt: Die Ratsperiode blieb bei fünf Jahren, die der Stadtoberhäupter sollte sechs Jahre betragen. Ergebnis: Der nächste Rat wird 2014 gewählt, der OB erst 2015. Es sei denn, man bewegt die (Ober-)Bürgermeister zu einem vorzeitigen Amtsverzicht. Es gibt dazu aber noch juristische Bedenken. Entschieden wird im Mai.