Für einen kleinen Kreis von Eingeweihten in der Stadtwerke-Spitze ging mit der Razzia gegen das Kanal-Kartell eine schwierige Zeit zu Ende. Seit dem Sommer wussten sie von den Ermittlungen gegen 14 Firmen, davon 10 aus Essen, die das Unternehmen mit illegalen Preisabsprachen um Millionen geprellt haben - und mussten doch die Füße still halten, um die weiteren Ermittlungen nicht zu gefährden. Stadtwerke-Sprecher Dirk Pomplun berichtet von einem „schwierigen Spagat, alle Maßnahmen weiter laufen zu lassen und gleichzeitig weiteren Schaden vom Unternehmen abzuwenden“. Und gibt zu: „Wir mussten, damit es nicht auffällt, schon mal die Zähne zusammen beißen.“
Die Ermittler der „EK Kanal“ hatten im Sommer den Kontakt zur Stadtwerke-Spitze gesucht, weil einige Ergebnisse ihrer Ermittlungen nicht so recht einsortieren konnten. „Das sind ja Kriminalisten und keine Ingenieure“, sagt Pomplun. Also haben sich die Stadtwerke-Vorstände gemeinsam mit den Ermittlern über die Akten von Kanalbaumaßnahmen gebeugt. Am Ende kam so viel Belastungsmaterial zusammen, dass es reichte für einen Haftbefehl gegen einen Bauleiter der Stadtwerke und zwei Firmenchefs. In die weiteren Ermittlungen haben die Fahnder das Kartellamt eingeschaltet. Geklärt werden muss unter anderem, wer noch bei den Stadtwerken in die Absprachen verwickelt war.
„Selbstverständlich werden wir sämtliche uns entstandenen Schäden geltend machen“, sagt Vorstandschef Bernhard Görgens unmittelbar nach der Razzia. Sein Vorstandskollege Dietmar Bückemeyer kündigt „alle notwendigen externen und internen Konsequenzen“ an. Dazu gehört auch der sofortige Stopp von Auftragsvergaben an die 14 unter Verdacht stehenden Firmen. Das könnte auch dazu führen, dass bereits vergebene Aufträge neu ausgeschrieben werden.
Den Auftragsstopp betrachtet Pomplun mit gemischten Gefühlen. „Es war immer unsere Politik, Aufträge möglichst in unser direktes Umfeld zu vergeben. Rund 80 Prozent unserer Aufträge gehen nach Essen und Umgebung. An den Firmen hängen viele Arbeitsplätze, die jetzt in Gefahr geraten, weil Firmenchefs kriminelle Absprachen getroffen haben.“