Mit seinem neusten Stück hat Sigi Domke unbekanntes Terrain betreten. Nicht nur, dass er erstmals auf der Rü-Bühne inszeniert, auch der Stoff hat nichts von der üblichen Ruhrgebiets-Volkstümelei, die sonst seine bekannten Arbeiten im Theater Freudenhaus oder Mondpalast auszeichnen. Stattdessen setzt er in der Krankenhaus-Komödie „Schlaflos in Sankt Walter“ auf eine hohe Gagdichte, die auch mal gerne absurde Ausmaße annimmt.

Domke hat eine Parodie auf typische Krankenhaus-Seifenopern gestrickt. Entsprechend schnell schaltet er zwischen einzelnen Handlungssträngen hin und her, die häufigen Szenewechsel entsprechen hier den Schnitten – nur dass es im Fernsehen halt keine Umbaupause gibt. Die bekommt das Team jedoch nicht zuletzt wegen des reduzierten Bühnenbilds und der multifunktionell, originell zusammengebastelten Requisiten fix hin. Ein Krankenhausbett, auf dem der Dauerpatient mit Raucherbein liegt, wird so schnell zum Schreibtisch für die übermüdete Krankenschwester, Ketchupflaschen dienen als Infusionsbehälter, Pömpel werden zum Defibrillator.

Gags schon fast in Überdosis

So bleibt das Tempo in den Szenen weitestgehend hoch, auch die sechs Darsteller müssen schnell in andere Rollen schlüpfen: Stefanie Otten und Brigitte Koch etwa sind erst zwei Krankenschwestern, und dann Mitglieder einer internationalen Putzkolonne, W. A. Wirringa leiht abwechselnd Patient und Pfleger sein Gesicht.

Das ständige Umschalten sorgt auch dafür, dass praktisch keine zusammenhängende Handlung erkennbar ist, die die Sketchparade stören könnte: Stattdessen hat Domke als Autor und Regisseur in Personalunion seinem Publikum Gags schon fast in Überdosis verordnet. Und zu lachen gibt’s viel: Nicht nur Wortwitz, für den Domke bekannt ist, zeichnet das Stück aus. Nein, hier offenbart sich der Autor auch als Freund skurrilen Humors:Da rappt das Ensemble Medikamentennamen runter und der von den Schwestern angehimmelte Oberarzt Wanger räumt plötzlich ein, dass er viel lieber Tänzer geworden wäre – und legt dann in Gedenken an sein Vorbild Josephine Baker eine Tanzeinlage mit dem Prädikat „Total Banane“ hin.

Okay, die Struktur des Stücks verbietet es, dass Personal und Patienten in „Sankt Walter“ allzu viel Tiefe bekommen – auch wenn sich das Ensemble in bester Spiellaune präsentiert. Und kritisch-satirische Ansätze wie Anspielungen auf personelle Strukturen und die Arbeitsbelastung in Krankenhäusern sind eher rar gesät. Dafür hat Domke sicherlich eines seiner lustigsten Stücke überhaupt abgeliefert. Und wenn Lachen gesund ist, dürften alle Patienten aus dem „Sankt Walker“-Zuschauerraum nach dieser zweistündigen Pointenbestrahlung geheilt entlassen werden.