Wenn Guiseppe Guariniello ab und an das Heimweh plagt, muss er nur kurz seinen Blick in das azurblaue Meer der Amalfiküste versenken: „Ist das Foto nicht traumhaft?“ sagt er, „ganz in der Nähe bin ich in einem kleinen Dorf geboren und aufgewachsen.“ Das ist lange her. 1971 verließ Guariniello die italienische Sonne und das Dolce Vita Richtung Norden, um dem ungeliebten Militärdienst zu entfliehen. „Ich wollte frei sein.“

Es ist kalt und schneit ständig

Seine Mutter weinte bitterlich, „sie dachte, ich fahre in ein Land, in dem es nur kalt ist und ständig schneit“. Fast hätte Giuseppe Guariniello ihr geglaubt, als er im Winter ankam und hemdsärmelig im Schneetreiben stand. Doch dann kam der erste Frühling, der erste Job als Techniker, die erste Freundin. Und so wuchs seine Liebe zu Deutschland und zum Revier kontinuierlich.

42 Jahre später hat sich der 61-jährige Essener mit italienischen Wurzeln ein Stück seiner Heimat ins Ruhrgebiet geholt: In seinem kleinen Feinkostladen „Alimentari e Vini“ an der Moltkestraße verkauft er seit 1994 Parmaschinken, gute Weine, diverse Olivenöle, Balsamicoessig, Antipasti, Kaffee und, und, und. . . Allein ein Blick in die Theke lässt das Wasser im Munde zusammenlaufen: Einträchtig liegen Salami, Mortadella, Parmesan, Pecorino und Schinken nebeneinander, warten auf den ersten Anschnitt.

„Neben meiner Frau Rita ist Essen und Kochen meine zweite große Liebe“, sagt Guariniello, „und da lag es nahe, einen Feinkostladen mit Partyservice aufzumachen.“ Für den Schritt in die Selbstständigkeit hat er seinen Job als Vertreter für Eisdielenbedarf gekündigt: „Ich wollte mehr bei meiner Frau und den beiden Söhnen sein.“ Bereut hat er es nie, und seine große Kundschaft, die ihm seit Jahren die Treue hält, gibt ihm Recht. Treu bleibt der gut gelaunte Feinkosthändler auch seiner Stadt: „Hier bin ich zu Hause, hier fühle ich mich wohl“, sagt er und erzählt stolz, dass er 1979 von Ruhrbischof Hengsbach in der Münsterkirche getraut wurde, „das war wie ein Ritterschlag, der mich zum echten Ruhri machte“. Fährt er in seinen Geburtsort Salerno, um seine betagten Eltern zu besuchen, hält er es maximal 14 Tage aus: „Dann will ich wieder zurück in mein Südviertel.“ Auch als Rentner möchte er in seinem kleinen Laden bleiben, träumt davon, mit Freunden bei einem guten Glas Rotwein und italienischen Naschereien auf einer Bank im Schaufenster sitzend die Leute auf der Straße zu beobachten. „Da kommt dann doch der Italiener durch“, lacht er.