Über das Essener Jazzpublikum kann man sich nur wundern. Denn als es vor knapp zwei Jahren die Chance hatte, den legendären Bassisten Ron Carter mit seinem „Golden Striker Trio“ ganz intim bei „Jazz in Essen“ im Grillo-Theater zu erleben, da blieben viele Plätze leer. Jetzt kam der inzwischen 75-Jährige als Gast der WDR Big Band nach Zollverein, und prompt war Schicht im Schacht für alle, die sich zu spät um Karten gekümmert hatten.

Die spannende Frage im Vorfeld war natürlich, wie der klar bedeutendste Vertreter seines Instruments als Stargast in den großformatigen Rahmen des Kölner Klangkörpers eingebunden würde. Denn schließlich ist ein Bass nicht gerade als umjubelte Rampensau bekannt. Nun, der Arrangeur Robert M. Freedman löste das Problem ebenso elegant wie simpel, indem er Ron Carter lässig in den Mittelpunkt des recht verhalten inszenierten Geschehens stellte und die ganze Bandbreite seines ungemein geschmeidigen Saitenzaubers zum Einsatz kommen ließ.

Im Prinzip sah (und hörte) man unter der charmanten Leitung von Dennis Mackrel ein satt swingendes Trio mit Hans Dekker (Drums) und dem gewohnt prachtvoll aufspielenden Frank Chastenier am Flügel, dem die Bläserfraktion nur selten in voller Opulenz Kontra gab. Stattdessen erlebte man im ersten Set delikat arrangierte Klassiker wie Duke Ellingtons „Caravan“, Dizzy Gillespies wunderbar hymnisches „Con Alma“ und den unverwüstlichen „St. Louis Blues“, die von wechselnden Solisten der WDR Big Band druckvoll koloriert wurden. Das Konzept ging auch im zweiten Teil des Konzertes glänzend auf, der mit „Loose Change“, dem einzigen Carter-Original des Abends, startete und mit einer fabelhaften Version von „Footprints“ alle Wayne Shorter-Fans beglückte. Für alle, die den fabelhaften Auftritt verpasst haben: Bei WDR 3 kann man Ron Carter heute in einer Live-Übertragung aus der Kölner Philharmonie nochmal erleben (20.05 Uhr).