Essen.
Klappern gehört zum Handwerk. Wer wüsste das besser als die melodischen Müllwerker von Stomp, die jede Abstellkammer im Nu in einen Orchestergraben verwandeln. Man muss diesen klangbesessenen Haudraufs in ihren abgerissenen Arbeitsklamotten nur Handfeger und Besen in die Hand drücken, und schon beginnt das große rhythmische Reinemachen auf der Bühne mit „wisch“ und „pffff“, mit „klirrr“ und „peng“. Die amerikanischen Performancekünstler sind nicht die einzigen, die im Essener Colosseum dieser Tage beweisen, dass hohe Ausdruckskunst und kreative Alltagstauglichkeit kein Widerspruch sein muss.
Coldplay statt Tschaikowsky
Im März steht mit „Rock the Ballet“ schon das nächste Tournee-Ereignis an. Compagnie-Gründer Rasta Thomas und seine Tanz- und Lebenspartnerin Adrienne Canterna-Thomas machten gestern schon mal einen kurzen Zwischenstopp in Essen, um das Haus in Augenschein zu nehmen. Fünf Tage lang wollen sie vom 5. bis 10. März in Essen beweisen, dass Ballett nicht bloß etwas für Menschen mit einer Schwäche für Tütüs und Tschaikowsky-Platten sind, sondern dass sich auch ganz Spitze auf Coldplay, Aerosmith und Justin Timberlake tanzen lässt.
Für den künstlerischen Kopf Rasta Thomas ist das zeitgemäße Auftreten seiner zwölfköpfigen Compagnie eine Herzensangelegenheit. Lange Zeit hat er sich höchst erfolgreich in der Welt des klassischen Balletts mit seinen Regeln und Ritualen bewegt, bevor er lieber mit Debbie Harry und Aretha Franklin auf die Bühne stieg. Mit seiner Mischung aus Michael Jackson und Mikhail Baryshnikov, ergänzt um eine Prise Kampfsport und Videoprojektion, will er heute auch ein jüngeres Publikum fürs Ballett begeistern. 2008 gründete er dafür seine „Bad Boys of Dance“-Ensemble. 500 000 Menschen haben die Show ohne Schwanensee bislang gesehen. Beim Essener Debüt von „Rock the Ballett“ werden die neuen Choreografien aus 2013 zu sehen sein.
Wiedersehen macht Freude heißt es aber noch bis zum 13. Januar mit „Stomp“. Diese höchst kreativen Schrottverwerter, die seit über 20 Jahren klatschend, trommelnd und zeitungsraschelnd, durch die internationalen Konzertsäle ziehen, brauchen keine Instrumente, keinen Dirigenten und keine Partitur, um ihren handgeschüttelten und fußgestampften Sound zu entfachen. Ihnen reichen Streichholzschachteln, Plastiktonnen, Spülbecken und Einkaufswagen, um zu beweisen, dass sie famose Performer, exzellente Percussionisten und charmante Witzbolde sind, die von ihrem anarchischen Geist, der eruptiven Energie und dem staubtrockenen Humor bis heute nichts verloren haben.