André Vollmer ist Pyrotechniker am Aalto-Theater. Für die „Fledermaus“ und „Ariadne auf Naxos“ ist der 45-Jährige derzeit regelmäßig im Feuerwerk-Einsatz

Wenn Otto Normalfeuerwerker heute Nacht sein Silvester-Sortiment „Happy Sky“ in den Himmel schickt, hat André Vollmer sein Schwarzpulver längst verschossen. Um 18.25 Uhr wird die Inspizientin das Startsignal geben. Dann wird ein grünes Licht aufleuchten und Vollmer den ersten Schaltknopf drücken. Der 45-Jährige ist Requisiteur am Aalto-Theater. Aber ein paar Mal im Jahr ist er auch Pyrotechniker. Dass er 2012 quasi schon dutzendfach Silvester gefeiert hat, ist den Werken von Johann Strauß und Richard Strauss zuzuschreiben, zu deren Musik es sich in der Oper so herrlich vorschriftsmäßig knallen lässt.

Die Abschussrampe heißt hier „Igel“

Und so hat Vollmer in diesen Tagen gleich mehrere Feuerwerks-Einsätze gefahren. Heute für die „Fledermaus“, am Sonntag für „Ariadne auf Naxos“. Da ist er sogar ein bisschen Teil der Inszenierung, weil er die Raketen-Abschussrampe während der Vorstellung erst einmal „anmutigen Schrittes“ hinter die Bühneninsel bugsieren muss, auf der Ariadne nach ihrem Geliebten darbt. „Igel“ nennen sie die Apparatur im Theater-Jargon, wo die Dinge immer so schöne Namen haben. Nur die Pyroeffekte, die heißen nicht Orlofsky-Grün und Ariadne-Pink, sondern haben seriöse Prüfnummern.

Gewerbeaufsicht, Bundeskriminalamt, Feuerwehr und Bezirksregierung, sie alle haben schließlich ein Wörtchen mitzureden, wenn unter deutschen Theaterdächern gezündelt wird. 6,50 Meter sind dabei Mindestabstand. Dazu darf nichts Brennbares im Umkreis von drei Metern stehen. Und dann wären da noch die zwei Bühnenmeister mit der Kübelspritze, der Zehn-Liter-Wasser-Vorrat und die Löschdecken, die für den Fall der Fälle bereitstehen. Aber eigentlich ist jeder Notfall ausgeschlossen, wenn im Aalto der erste Pyroeffekt hochgeht. Denn André Vollmer kreiert seinen Bühnenzauber nicht nur in enger Absprache mit der Regie – bei Opernfeuerwerken geht es schließlich nicht nur um zündende Ideen, sondern um perfekten Einklang mit der Partitur. Auch die Feuerwehr hat sich schon eine Feuerwerks-Vorstellung geben lassen, bevor Vollmer seines Amtes walten kann. Am Ende müssen „Falling Star“ und „Drop Komet“ auch noch so moderato abheben, dass der Dirigent vor lauter Knall und Rauch sein eigenes Orchester nicht überhört

Ein Fall für die Feuerwehr ist Vollmers Bühnenkunst aber höchstens mal dann, wenn er kein Feuerwerk macht. Dann kümmert er sich nämlich um Dunst und Nebel. Und darauf reagieren Feuermelder nicht minder sensibel.