Wir leben ja leider in Zeiten einer immer unverschämteren Bürgerzwangsbeglückung. Diejenigen unter uns, die immer noch gerne selbst entscheiden, was gut für sie ist, fühlen sich inzwischen regelrecht belagert durch fürsorgliche Moralapostel in Parlamenten und Behörden, die im herrischen Tonfall über Konsumgewohnheiten bestimmen wollen. Der Feldzug gegen die Raucher etwa hat längst nichts mehr mit unbestreitbar notwendigem Nichtraucherschutz zu tun, sondern entspringt dem missionarischem Eifer, andere in ihrem höchst privaten Leben auf den rechten Weg führen zu wollen.

Aus einem ähnlichen Geist heraus will die Landesregierung die Zahl der verkaufsoffenen Sonntage einschränken, indem sie die Zahl der dafür möglichen Kalendertage pro Jahr radikal begrenzt. Mir ist, abgesehen von Funktionären und einigen Politikern, eigentlich kaum jemand bekannt, der diesen Eingriff in das Leben der Stadt und der Stadtteile für zwingend erforderlich hält. Im Gegenteil, viele Bürger nehmen gerne die Chance wahr, in Ruhe und ohne Hast bummeln zu können und dabei auch einmal andere Zentren kennenzulernen. Die Händler gerade in den Stadtteilen - und die haben es wirklich nicht immer leicht -, freuen sich über gute Geschäfte, und selbst viele Beschäftigte machen nicht den Eindruck, als ob sie unter Drohungen zur Sonntagsarbeit gezwungen werden müssten. Oft wird sie ja mit mehr Geld und einem freien Tag in der Woche vergolten, den man immer mal gebrauchen kann.

Dennoch wird die Sache offensichtlich durchgezogen - allen Warnungen der Praktiker zum Trotz. Besonders bizarr ist, dass die Politik mit der Einschränkung tendenziell die kleinen Läden und die Stadtteilzentren schwächt, weil sich die einkaufsfreien Sonntage künftig mehr auf Einkaufszentren und die großen Innenstädte konzentrieren werden.

Ich selbst bin übrigens gar kein besonderer Freund des Sonntagseinkaufs, respektiere aber, wenn meine Mitbürger das anders sehen. Warum sind andere so doktrinär?