Ob man es als Zeichen sehen muss, dass es nicht mal ein neues Türschild gab? „Hauptschule Bischoffstraße, Abzweig Bonifaciusstraße“ - so heißt die Hauptschule Schetters Busch nun offiziell, aber von der Stadt kam nur eine klitzekleine Hinweistafel, über dem Eingang steht deshalb weiter der alte Name. Leiter Wim Roß, zugleich einer der beiden Sprecher der Essener Hauptschulen, wehrt sich dennoch nach Kräften gegen den Eindruck, Investitionen in die Hauptschule lohnten nicht mehr: „Diese Schulform wird weiterhin gebraucht.“

Fakt ist: Die Zahl der Hauptschüler ist in den vergangenen Jahren kontinuierlich gesunken, viele Standorte mussten schließen. Als Roß 1970 den Dienst als Lehrer antrat, habe es in Essen noch 50 Hauptschulen gegeben, „und die waren alle gut gefüllt“. Heute sind es fünf. Besuchten im Schuljahr 2008/2009 noch 3934 Kinder und Jugendliche eine Hauptschule, sind es derzeit 2310. Das sind 2,9 Prozent aller Essener Schüler, Grundschüler eingerechnet. Zu sehr haftet den Einrichtungen das Stigma der „Restschule“ an. Wenn Roß und seine Kollegen im März wieder auf Eltern warten, die ihre Kinder anmelden möchten, werden Interessierte denn auch rar sein.

In Klasse 8 derzeit sechszügig

Die geringen Anmeldezahlen sagten aber wenig über den tatsächlichen Bedarf aus, findet Roß. Wenn sich nach der fünften Klasse oder der Erprobungsstufe herausstellt, dass Kinder an anderen Schulen überfordert sind, wüchsen die Hauptschul-Jahrgänge noch einmal deutlich an. Allein die Hauptschule Bischoffstraße sei in der achten Klasse derzeit sechszügig. In Klasse fünf zählt man dagegen gerade einmal knapp 30 Kinder. „Die Hauptschule hat ganz dünne Beine, aber einen starken Mittelbau“, sagt Roß – für ihn Beleg ihres Existenzrechts.

Was aber macht die Hauptschule nun aus? Für wen ist sie die richtige Adresse? „Unser Schwerpunkt liegt auf Erziehung und Vorbereitung auf den Beruf“, sagt Roß. „Das beginnt in Klasse 6 mit einer ersten Orientierung, einer Stärken- und Schwächen-Analyse. Ab Klasse 8 gehen die Schüler in Betriebspraktika.“ An drei Hauptschulstandorten – Bochold, Bischoffstraße und Schetters Busch – bietet man mit den so genannten „BUS“-Klassen (Beruf und Schule) eine noch intensivere Vorbereitung an. Das Konzept richtet sich an Schüler, die auf dem üblichen Weg wahrscheinlich keinen Hauptschulabschluss erreichen können. Sie verbringen von Anfang an zwei Tage in einem Betrieb und nur drei in der Schule.

Die Chancen seiner Schützlinge auf dem Arbeitsmarkt hätten sich in jüngerer Zeit verbessert, sagt Roß. „Wir sehen sehr viel Licht am Ende des Tunnels.“ Hätten noch vor wenigen Jahren von 25 Schülern einer Abschlussklasse im Schnitt lediglich acht einen Ausbildungsvertrag vorweisen können, seien es heute deutlich mehr. „Unsere Schüler sind im Handwerk wieder gefragt“.

Für die Hauptschule spreche auch ihre Überschaubarkeit. Das Schrumpfen der Schulform erweise sich für die Kinder und Jugendlichen derzeit als Vorteil. Lehrer-Nachwuchs gibt es zwar kaum, das Kollegium altert, aber „die Zahl der Schüler sinkt schneller als die der Lehrer“. Deshalb könne man eine besonders enge Betreuung bieten.