Umfragen zufolge wünschen sich 41 Prozent der Menschen zu Weihnachten Bücher. Wenn dem so ist, dann kommt dieser Text zumindest für Spätentschlossene hoffentlich noch rechtzeitig. Wie jedes Jahr liefern wir einen Überblick, was über Essen Wichtiges und auch weniger Wichtiges erschienen ist.

Herausragend und für mich das Buch des Jahres: „Architektur in Essen 1900 - 1960“. Der Architekt Peter Brdenk und der interessierte Architektur-Laie Berger Bergmann haben in einem jahrelangen Prozess zusammengetragen, was in Essen bemerkenswert ist, und da gibt es erheblich mehr, als viele erwarten würden. Zumal in den 1920 Jahren war Essen neben Berlin das entscheidende Laboratorium für neues Bauen. Das Buch ist so aufgebaut, dass historische Fotos der Bauten aus gleicher Perspektive erneut fotografiert wurden, was interessante Vergleiche gestattet. Diese Zeitung wird das Buch (Klartext-Verlag, 220 S., 14,95 Euro) demnächst ausführlich vorstellen.

Das Krupp-Jubiläumsjahr war eigentlich 2011, aber der Essener Traditionskonzern ist natürlich immer mal wieder Thema von Buchautoren. Herbert Westphalen hat in einem Bildband dokumentiert, wie Krupp den Essener Westen prägte. „Im Zeichen der drei Ringe - die Geschichte der Krupp Stadt in Postkarten und historischen Ansichten“ ist prächtig aufgemacht, ein bisschen mehr Text-Information hätte aber nicht geschadet. (Klartext, 85 S., Euro 17,95).

Auch in den Krupp-Kosmos und damit zu Essen gehört dieser schöne Jubiläumsband: „100 Jahre nichtrostender Stahl - Historisches und Aktuelles“. Das Buch, herausgegeben von Manfred Rasch, ist nicht nur für Experten interessant, die sich in die Welt des Edelstahls vertiefen möchten, es löst auch eine alte Verpflichtung ein: Es enthält eine würdige, wissenschaftlich fundierte Kurzbiografie über „Nirosta“-Erfinder Benno Strauß aus der Feder von Ralf Stremmel, dem Leiter des Historischen Archivs Krupp. Der Physiker, der aus einer jüdischen Familie stammte, erlebte in Essen höchste Anerkennung und ab 1933 die Verfemung. Das Buch besticht durch exzellente Bildauswahl. (Klartext, 288 S., Euro 29,95.)

Auch was Schönes für den Gabentisch: „Mein Revier - das Ruhrgebiet von 1965 bis 1989“. Der Bildband von Manfred Vollmer spielt natürlich nicht nur in Essen, soll aber trotzdem hier aufgenommen werden. Kein anderer hat Menschen, Szenen und Konflikte des Reviers in den genannten Jahren so eindrucksvoll fotografiert. (Klartext, 127 S., Euro 19,95).

Einen ganz anderen Bildband hat ein Team um den Essener Journalisten Wulf Mämpel vorgelegt: „Essen von Innen“ wirft einen Blick hinter die Fassaden von Firmensitzen und Kulturinstitutionen, Kirchen und Wohngebäuden. Viel Interessantes ist dabei: Wer wusste schon, wie es im Innern des mächtigen Wasserturms an der Steeler Straße aussieht, und nur wenigen war es bisher vergönnt, etwa im Bischofshaus und gar im strengen Karmeliterinnen-Kloster auf dem Stoppenberger Kapitelberg zu fotografieren. Die Texte sind etwas trocken und erinnern mitunter arg an Lexika-Stil. (Verlag Beleke, 112 S., Euro 24,20)

Und dann gibt’s auch Bücher, die keiner mehr braucht. Der „fotografische Spaziergang“ (Eigenwerbung), den Karsten-Thilo Raab und Günter Streich in dem Band „Essen“ unternehmen, ist sehr bieder und konventionell geraten. (Wartberg-Verlag, 71.S, Euro 15,90).