115 000 Übernachtungen haben sie in den vergangenen 20 Jahren gezählt, die Auslastung liegt durchschnittlich bei etwa 85 Prozent. „Davon würde mancher Hotelier träumen“, sagt Peter Hennig. Doch er spricht nicht von einem Hotel, sondern von den beiden Elternhäusern der Elterninitiative zur Unterstützung krebskranker Kinder, deren Vorstandsvorsitzender er ist.
Der von Betroffenen vor bald 30 Jahren gegründete Verein hat Familien krebskranker Kinder in vielfacher Hinsicht geholfen, ihnen zugehört, sie beraten. Bis man merkte, dass viele nicht nur Zuspruch brauchten – sondern ein Bett.
Am Uniklinikum werden Kinder aus ganz Deutschland und vielen Teilen der Welt behandelt. Begleitet werden sie von Mutter oder Vater, mitunter von der gesamten Familie. „Wie sie hier unterkommen, mussten sie früher selbst organisieren“, weiß Hennig. Es kam vor, dass Eltern im Auto schliefen.
Darum mietete die Elterninitiative 1986 eine Wohnung mit 3,5 Zimmern und sieben Betten. „Plus x“, sagt Hennig. Der Bedarf nämlich war immer größer als die Bettenzahl. So sah man sich schließlich in anderen Städten um, wo schon Elternhäuser entstanden waren, holte sich wertvolle Tipps zu Ausstattung und Finanzierung. „Trotzdem war es ein Wagnis, als wir im Dezember vor 20 Jahren das erste Elternhaus an der Kaulbachstraße eröffneten“, sagt Hennig.
Doch dem Verein, der von Spenden, Mitgliedsbeiträgen und Bußgeldern lebt, gelang es immer, die Kosten zu decken. So konnte man nach zehn Jahren ein zweites Haus eröffnen. Heute gibt es 18 Zimmer mit 32 Betten – und den Plan für ein drittes Haus (siehe Kasten).
Gleichzeitig achtet die Initiative darauf, den Familien nicht bloß Unterkunft zu bieten, sondern ein Zuhause auf Zeit. Neun Teilzeitkräfte sind hier beschäftigt: Sozialarbeiter, Verwaltungs- und Reinigungskräfte. Regelmäßig sind auch die 7 Vorstandsmitglieder und gut 20 Ehrenamtlichen im Haus.
„Hier ist Leben in der Bude“, sagt Klaus Heine vom Vorstand. Dafür sorgen vor allem die Geschwister der jungen Patienten, die Zuwendung besonders genießen. „Jetzt bin ich mal dran“, habe ein kleiner Junge mal gefordert. Leben in der Bude heißt bei Menschen aus verschiedenen Kulturkreisen, bei Eltern im Krisenzustand auch, dass es zu Konflikten kommt. Etwa wenn die Kinder der einen um 22 Uhr noch durchs Haus toben, während die anderen schlafen wollen. Es gebe aber auch das geteilte Leid, gemeinsames Lachen, Austausch in der Gemeinschaftsküche.
„Es ist berührend, die schönen Momente zu erleben“, sagt Vorstandsfrau Birgit Langwieler. „Und es ist schwer, wenn ein Kind, das man lange begleitet hat, es nicht schafft“, sagt ihre Kollegin Christine Künzel. Wieviel schwerer das für die Eltern ist, kann niemand ermessen, aber hier hört man ihnen zu, begleitet sie, hält sie fest.
Auch Eltern, die nicht im Haus logieren, können den kurzen Weg vom Uniklinikum in die Kaulbachstraße gehen, um hier einmal aufzuatmen. Um Kaffee zu trinken, zu duschen – oder zu weinen, ohne dass ihr krankes Kind es sieht.