Nein, es ist „noch niemand gekommen, hat geklopft und gefragt, ob es mehr Geld gibt“. Axel Koschany verkneift sich dazu jeden süffisanten Kommentar, und wenn man überhaupt irgend etwas zwischen seinen Zeilen heraushört, dann einen tiefen Seufzer, den der bekannte Essener Architekt sozusagen stellvertretend für die Interessengemeinschaft Essener Wirtschaft (IEW) ausstößt.

Denn die Nachricht vom beachtlichen zusätzlichen Finanzbedarf für den Strategieprozess „Essen 2030“ hat all jenen Ärger wieder hochgespült, den die IEW als Finanzier des Projekts eigentlich überwunden glaubte. Eine Zahl ist schuld, und Koschany, der dem vierköpfigen IEW-Vorstand angehört, kann sie alle verstehen: die Politik genauso wie den OB und die Macher, die jetzt die Hand aufhalten. Denn er kennt das Gefühl als Baumeister: „Sie nennen am Anfang eine Zahl, und die verfolgt sie dann bis an ihr Lebensende.“

Nicht mehr als Allgemeinplätze?

Bei „Essen 2030“ lautete die Zahl 800.000 Euro. So viel wollte die IEW für den Selbstfindungsprozess der Stadt bereitstellen, und zweigte gleichwohl recht früh ein Viertel der Summe ab, um am Ende aus dem Ideenpool das eine oder andere Projekt zeitnah anzuschieben – „als Zeichen für die gewünschte Nachhaltigkeit“. Auch von diesem Geld ist schon einiges in die Öffentlichkeitsarbeit investiert worden, aber nun ist die Schatulle leer, weitere 300.000 Euro werden gebraucht, und die Frage liegt auf der Hand: Woher nehmen?

Die Stadt verweist auf Etat-Positionen, die für solche Vorhaben geeignet sind, doch die Politik winkt erst einmal ab: „Wir sind da sehr zugeknöpft“, sagt etwa ein von der Zuschussbitte erklärtermaßen irritierter Thomas Kufen, Chef der CDU im Rat: „Es hieß, die Finanzierung läuft komplett extern. Wenn es um städtische Mittel geht, hätte man das von Anfang an sagen müssen.“ Gerade erst habe man den Bürgern erklärt, was wegen der schwierigen Finanzlage der Stadt alles nicht mehr geht. „Insofern bin ich gespannt, wie der OB den Mehrbedarf begründet.“

Hiltrud Schmutzler-Jäger von den Grünen winkt dagegen jetzt schon ab: „Bislang hat der Prozess nur eine Ansammlung von Allgemeinplätzen und Überschriften produziert, die man jeder Stadt im Ruhrgebiet zuordnen könnte.“ Von einem geschärften Profil Essens sei „bislang nichts zu erkennen“. Geld aus der Stadtkasse? Nicht mit den Grünen.

Und auch nicht mit den Linken, die langsam ein System dahinter wittern: „Immer öfter werden unter Zusicherung einer angeblichen Kostenneutralität Projekte im Rat verabschiedet, die dann bei genauerer Betrachtung – sei es durch das Binden personeller Ressourcen oder auch durch vorher angeblich nicht absehbaren Folgekosten – den städtischen Haushalt doch belasten“, so Ratsfrau Claudia Jetter. Um die Folkwang Musikschullehrer im Dienst zu behalten – eine Ausgabe von weniger als 300.000 Euro – sei kein Geld mehr vorhanden, für den Strategieprozess offenbar doch?

IEW-Vorstand Koschany rollt mit den Augen, wenn er solche Vergleiche hört, weil er sich vom Prozess viel Grundsätzlicheres für die Stadt verspricht. Er hält einen finanziellen Mehrbedarf für nachvollziehbar, offenbar hätten die Berater von Roland Berger schon mehr in Detailarbeit investiert als ursprünglich geplant. Über die Höhe mag er nicht spekulieren.

Das klingt, als wäre ein Klopfen, wenn’s denn kommt, nicht völlig umsonst.