Essen. Nach mehr als 350 Jahren als reines Mädchengymnasium sollen an der BMV-Schule ab dem Schuljahr 2013/14 erstmals auch Jungen unterrichtet werden. Beim Tag der offenen Tür durften die kleinen Herren der Schöpfung erstmals einen Blick in die Klassenzimmer werfen.
Die Nachricht hatte für mächtig Aufsehen gesorgt. Nach mehr als 350 Jahren als reines Mädchengymnasium sollen an der BMV-Schule ab dem Schuljahr 2013/14 erstmals auch Jungen unterrichtet werden. Während sich für einige damit ein längst überfälliger Modernisierungsprozess vollzieht, fürchten andere den Verlust einer einzigartigen Schulform. Beim Tag der offenen Tür konnten an diesem Samstag nun also auch Jungs einen Blick in die Klassenzimmer des Holsterhauser Gymnasiums werfen.
„Die Umstellung ist eine super Sache“, schwärmt Daniela Baier (44). „Die Schule hat sich etwas Ursprüngliches erhalten, das wir sehr schätzen. “ Ihre Tochter geht bereits zur BMV, Sohn Viktor soll im nächsten Schuljahr folgen. Für den Neunjährigen steht fest: „Eine andere Schule kommt nicht in Frage.“ Angst, mit wenigen Jungen allein auf dem Schulhof zu stehen, hat er nicht. „Es werden sich noch andere hier anmelden.“ Und wenn nicht: Er komme gut mit Mädchen klar.
„Das Modell der klassischen Mädchenbildung ist heute nicht mehr zeitgemäß“
Doch nicht nur für Jungen wird das Gymnasium interessanter. Für manche Schülerin stellten die reinen Mädchenklassen bisher ein Ausschlusskriterium dar. „Für unsere Tochter kommt nur eine gemischte Klasse in Frage. Gäbe es die nicht, wären wir heute nicht hier“, sagt Nadine Reichardt, während Tochter Sophia schon einmal den Schulhof unter die Lupe nimmt. Wer von dort den Eingang des Gymnasiums betritt, wird mit einem großen Schriftzug begrüßt: „BMV - Bewahren, Mitmachen, Verändern.“ Vor allem Letzteres wird in Holsterhausen momentan besonders gelebt. Kleine Veränderungen sind schon erkennbar. Ein Tischkicker, ein Fußballfeld, Tore. Größere sind noch in Arbeit. Schließlich verfügt die Sporthalle bisher nur über eine Umkleidekabine für Mädchen.
Doch nicht alle lassen sich von der Euphorie des Umbaus anstecken. Zu groß ist die Sorge, dass die Schule mit dem Einzug der Männer auch die exponierte Position in der Essener Schullandschaft verliert. „Ich glaube nicht, dass das neue Konzept ähnlich gut funktioniert“, so die ehemalige Schülerin Anna Kohlwey (21). „Gerade in naturwissenschaftlichen Fächern sind Mädchen einfach gehemmt.“ Informatik und Physik seien dann reine Männersache.
Diese Skepsis teilen die meisten Lehrkräfte nicht. „Das Modell der klassischen Mädchenbildung ist heute nicht mehr zeitgemäß“, so Lehrerin Christel Wodetzki. Viele Eltern sehen das ähnlich. Für sie ist die Diskussion, ob Jungen und Mädchen oder nur Mädchen, eher zweitrangig. So findet auch Christoph Staudinger: „Wichtig ist nur, dass unsere Tochter hier etwas lernt.“