„Das schönste Museum der Welt“ hat sie 2010 wieder an den Tag gebracht: Die Schätze außereuropäischer Kunst, die der kunstsinnige Millionenerbe und visionäre Folkwang-Gründer Karl Ernst Osthaus vor über 100 Jahren auf seinen Reisen und Streifzügen durch die Galerien für seine einzigartige Sammlung zusammengetragen hat.

Faszination des Fremden

Jahrzehntelang haben diese Ehrfurcht gebietenden Mumienmasken und hauchfeinen Gläser, diese goldglänzenden Buddha-Statuen und der mattgraue Kalkstein-Kopf der Nofretete ihr Dasein in den Museums-Depots gefristet. Das Versprechen, dass mit der Eröffnung des Chipperfield-Baus auch diese bisweilen etwas lichtscheuen Folkwang-Schätze wieder ihren Weg an die Öffentlichkeit finden, wird nun mit „Objekt Studio“, einer kleinen, aber feinen Auswahl der rund 1000 Stücke umfassenden Osthaus-Sammlung außereuropäischer Kunst eingelöst.

Bis November 2013 ist diese Entdeckungsreise in die Entstehungs-Geschichte der Sammlung zu verfolgen, flankiert von den Schwarzweiß-Fotografien des neusachlichen Albert Renger-Patzsch, der den Objekten in seinem Folkwang-Studio eine neue Materialität verlieh. Die Ausstellung führt von China, Syrien und Mexiko bis an die Elfenbeinküste, vorbei an jahrtausendealtem Glas aus Ägypten, teils grotesken Theatermasken aus Japan, fragilen shintoistischen Göttinnen und den rituellen Objekten aus Afrika, die nicht nur für Künstler wie Emil Nolde damals die Faszination des Fremden atmeten und gleichzeitig doch auch eine gewisse Art-Verwandtschaft darstellten.

Die Gleichwertigkeit, mit der man traditionelle und moderne Kunst damals nebeneinander stellt, die Unverkrampftheit, mit der man nach Formenverwandtschaft sucht, die Modernität im Archaischen entdeckt, sie wirft aus heutiger Sicht freilich Fragen auf, die Kurator Marcel Schumacher auch im Zusammenspiel mit zeitgenössischen Künstlern wie Veit Stratmann formuliert, der Besucher einlädt, sich auf vorgefertigte Podeste zu stellen und so die eigene Wahrnehmung zu verändern.

Für Karl Ernst Osthaus aber, dessen Credo es damals ja ist, das Kunst das ganze Leben umfassen und den Menschen durch Schönheit veredeln soll, ist dieses vorglobale Mit- und Durcheinander kein Problem. Er sammelt die zartfarbigen Mosaiken und Fliesenwände, die mythischen Zeugnisse ozeanischen Ahnenkults nicht als exotische Schmankerl und ethnologische Studien-Objekte, sondern versteht sie auch als Inspiration, beispielsweise für die heimische Glasbläserei. Die Idee der Kunstgewerbesammlung wurde allerdings schnell begraben. Die letzten Folkwang-Ankäufe in diesem Bereich datieren auf die 60er-Jahre. Nun wird die Sammlung außereuropäischer Kunst aus ihrem langen Depot-Dasein erlöst.