Rüttenscheid ist hip, belebt und das Ausgehviertel Essens. Doch für viele Bewohner des Quartiers gibt es noch ein anderes Rüttenscheid, abseits der Meile. „Verborgene Schätze“ nennt Petra Ostermann ihre liebsten Plätze im citynahen Viertel. Die 54-jährige alleinerziehende Mutter betreibt mit ihrem Bruder Axel die alteingesessene Papeterie Petersen auf der Rüttenscheider, „bereits in vierter Generation“. Nächstes Jahr wird der 110. Geburtstag gefeiert.
Die ausgebildete Buchhändlerin mag das Schräge, Ungewöhnliche aber auch den fürs Ruhrgebiet typischen Lokalkolorit. „Meine Herkunft kann und will ich nicht verleugnen“, sagt die gebürtige Essenerin, die ihre Heimatstadt lediglich für zehn Jahre mal verlassen hat.
Geht man mit ihr durch Rüttenscheid, tauchen sofort Bilder aus ihrer Vergangenheit auf. „Da habe ich als kleines Kind immer Kuchen mit Sahne gegessen“, sagt sie und zeigt auf die ehemalige Aldi-Filiale, Ecke Rüttenscheider-/Christophstraße, wo früher das Café Imhoff beheimatet war. Der Bau, der nur aus Erdgeschoss und verkleideter Fassade besteht, ist für Petra Ostermann „ein echter Schandfleck“. Sitzt sie nach getaner Arbeit auf ihrem beschaulichen Balkon, „muss ich immer auf dieses hässliche Haus schauen“.
In ihrem Quartier gibt es eigentlich alles, was sie zum Leben braucht und wie viele Rüttenscheider fährt sie eher selten in die Innenstadt. Einzig der „weite Blick in die Natur“ fehlt ihr manchmal in dem eng bebauten, steinernen Quartier.
Mit Bruder, Schwägerin, Nichten, Neffen, Sohn und Eltern lebt sie auf drei Etagen eines schönen Stadthauses unweit der Rüttenscheider Straße. „Das ist allerdings ein echtes Familienabenteuer, über das man eine eigene Reportage schreiben könnte.“ Hier ist auch der inzwischen volljährige Sohn groß geworden. Gott sei Dank konnte der als Junge im Garten toben. Denn Rüttenscheid hat noch ein Manko für Petra Ostermann: „Kinder können hier nicht frei durch die Gegend laufen, oder gar auf der Straße spielen. Dazu ist der Verkehr einfach zu dicht.“