Zuweilen musste sie schon schmunzeln, erzählt eine Nachbarin. Und zwar immer dann, wenn mal wieder ein Besucher zur Tarnung eine Aktenmappe unterm Arm trug, um schnellen Schrittes und mit eingezogenem Kopf im Hauseingang nebenan zu verschwinden. Dass dort in der Hausnummer 145 nicht die „Anlagenberatung Wolf“ zu finden ist, wie es bis gestern auf einer Werbetafel an der Schlossstraße in Borbeck zu lesen stand, war in der bürgerlichen Nachbarschaft im Schatten des Schlossparks seit Jahren bekannt – und nicht nur dort.

Wer es nicht wusste, kann es nun nicht mehr übersehen. „Kein Puff hier“, haben Unbekannte auf besagtes Schild gesprüht. Fenster, Fassade, Garagentore sind mit Farbe und Graffiti versaut. Eine teerartige klebrige Masse überdeckt die Klinkerwand an der Tür, an der Rückseite des Hauses ging eine Altpapiertonne in Flammen auf.

Die Feuerwehr, per Handyanruf in der Nacht gegen 3.15 Uhr von einem Passanten informiert, konnte den Brand schnell löschen. Die Polizei ermittelt wegen Brandstiftung und Sachbeschädigung gegen Unbekannt. Wer und was steckt dahinter? Detlev Kleinschmidt kann nach eigenen Worten darüber nur rätseln. Seit drei Jahren betreibt er hinter der bürgerlichen Fassade ein Bordell. Acht Frauen gehen dort ihrem Gewerbe nach. Juli (26) ist eine von ihnen. Sie sei nur froh, dass nicht noch mehr passiert ist.

Hat sich etwa Bürgerzorn gegen das Etablissement seinen Bann gebrochen? Wenige Kilometer entfernt, an der Straße Schacht-Neu-Cölln in Bergeborbeck machen Anwohner derzeit gegen einen geplanten Bordellbetrieb mobil.

Kleinschmidt winkt ab. Diskretion gehört zum Geschäftsprinzip. So hielten es auch schon seine Vorgänger. Den Club gebe es seit 25 Jahren. Anfangs nahmen Anwohner noch Anstoß daran, so ein Nachbar. Heute regt der ein oder andere sich allenfalls noch auf, wenn seine Hofeinfahrt zugeparkt ist. Das Geschäft mit der käuflichen Liebe laufe sehr diskret ab. „Viele wissen gar nicht, dass es das Etablissement überhaupt gibt“, so ein Anwohner. Auch die Polizei beschreibt das Bordell als völlig unauffällig. Die Täter jedenfalls wussten Bescheid. Dass hinter dem Farbanschlag mehr stecken könnte als ein Dummer-Jungen-Streich, dafür dürfte das verwendete Material sprechen. War das Bordell der Konkurrenz ein Dorn im Auge? „Keiner will Stress haben in diesem Geschäft“, sagt Kleinschmidt, erzählt aber auch, dass Zuhälter schon versucht hätten, Frauen in seinem Club unterzubringen, was er abgelehnt habe. Für Hinweise, die zur Ergreifung der Täter führen, hat er eine Belohnung von
10 000 Euro ausgesetzt: 82 90.