Für Sven* (7) bedeutet Armut: „kein Geld zu haben“, so wie Sven antworten viele Kinder beim Besuch im Bürgerhaus Oststadt. „Manche haben nichts zu essen“, sagt Carolin* (6), die sich sehr eine Barbie-Puppe wünscht. Sie hat verzichtet: „Papa hat gesagt, dass wir dann vielleicht nächstes Jahr in den Urlaub fahren können.“ Die zwölfjährige Vivian* kennt auch den Begriff Hartz IV: „Da kriegen arme Familien Geld.“
Der Beratungsbedarf bei diesen ist extrem geworden, fasst Erika Biehn ihre Situation in der benachbarten Anlaufstelle des Verbandes für Alleinerziehende zusammen: „Der Zulauf ist explodiert.“
Sichtbare Probleme
Die Leiterin der Ortsgruppe berät bei Fragen zu Harz IV und bietet beispielsweise Selbstbewusstseins-Training vor allem für alleinerziehende Mütter an. Die verzichten meistens auf Vieles, sagt Erika Biehn. Verzichten müssen die meisten auf Urlaub und Kinder auf Taschengeld, sagt sie. Manche Eltern verstecken die Armut vor den Kinder, andere sagen es offen. Manchmal spüren Kinder es aber oder merken es dann, wenn „die Mutter völlig fertig ist, weil wieder kein Geld für die Miete da ist“, sagt Erika Biehn, die weiß, dass es sehr schwierig ist, die vorgegebene Höhe der Kaltmiete einzuhalten: „Vor allem, wenn Familien etwa wegen der Sozialkontakte in ihrem Stadtteil bleiben wollen.“ Es gibt sie, die sichtbaren Probleme, sagt Erika Biehn, die von einer Mutter berichtet, deren Kind die schwierige finanzielle Lage erlebte und psychisch erkrankt ist: „Ein hochsensibler Junge“, beschreibt Erika Biehn das Kind. Sie selbst ist jetzt auf dem Weg nach Brüssel zum Treffen einer Arbeitsgruppe: Es geht um Kinderarmut.
Derweil falten Manuela Cagnavati und Helga Vogel Hosen, Jacken und Hemden, packen sie in Tüten und kassieren: Zwei Euro kostet etwa ein gebrauchter und gut erhaltener Pullover in der Kleiderbörse im Bürgerhaus. Stammkunden kommen schon seit Jahren zu ihnen, aber inzwischen auch viele neue Gesichter. „Wir haben in letzter Zeit enorm viel zu tun“, sagen die Frauen, während eine Großmutter ihnen Kinderpullover reicht, den sie ihrem Enkel schenken will: den gibt es hier für 1,50 Euro.