Helau! Nur noch zwei Mal schlafen, dann herrscht offiziell wieder „Narrenfreiheit“. Traditionsgemäß beginnt die fünfte Jahreszeit am 11. 11. um 11:11 Uhr mit dem Erwachen des Hoppeditzes. Der verschlafene Schelm muss zum Leben erweckt werden und gibt anschließend den Startschuss für die jecke Zeit. Erst dann ist auch wirklich Karneval.

In Rüttenscheid herrschen da allerdings etwas andere Regeln: Hier wird Julia I. am Sonntag aus den Träumen gerissen. Eine Hoppeditzin? Ja, richtig. Und wenn man Michael Fuchs vom 1. Kleinen Karnevalsclub Rüttenscheid (KKRü) Glauben schenken darf, dann ist Julia I. die einzige Frau im Ruhrgebiet, die dieses sonst so testosteron-geladene Amt übernimmt.

Und wie wird eine junge Dame Hoppeditzin? „Man wird einfach gefragt“, so die plausible Antwort der 30-Jährigen, die zuvor gar nicht viel mit Karneval am Hut hatte, wie sie gesteht. Eigentlich war es ihr Mann Stefan, auch ein KKRü-Mitglied, der sie mit dem Karnevals-Virus infizierte. „Ich bin da mehr oder weniger reingerutscht, aber jetzt gefällt’s mir richtig gut“, erzählt Julia I., die in ihrem richtigen Leben auf den Namen Julia Kruppa hört und für gewöhnlich als Zahnfachangestellte sowie als Hausfrau und Mutter tätig ist.

Nicht nur, dass der KKRü eine Dame zum Hoppeditz ernennt, nein, auch sonst geht es in dem zwölfköpfigen Verein anders als in „normalen“ Karnevalsvereinen zu. Aber: „Was die alten Karnevalisten können, das schaffen wir auch“, dachten sich Dennis Schwalbe, Raymond Pasternok und eben Michael Fuchs, die den KKRü 2004 eigentlich nur aus einer Bierlaune heraus gründeten. Nur ein Jahr später wurde es dann ernst: Der Verein trat dem Festkomitee Essener Karneval bei und wurde im Vereinsregister eingetragen. Es folgte ein eigener Gesellschaftswagen, ein Logo und Orden - wie es sich für einen Karnevalsverein eben gehört. Dennoch tanzen die selbsternannten „Jungen Wilden“ ein wenig aus der Reihe: Als reiner Männerclub wollte man sich von der Masse abheben; Narrenkappen sind tabu, stattdessen tragen die Herren schwarze Anzüge und einen roten Schal als Erkennungszeichen. Was der KKRü aber mit anderen Vereinen gemeinsam hat: „Den Menschen Freude bringen und die Tradition rund um den Karneval pflegen“, erläutert Fuchs. Und so wird auch die Hoppeditz-Tradition - nur eben mit einer Frau - fortgeführt. Um 11:11 Uhr werden die Narren vor der Gaststätte „Gatz“ an der Dorotheenstraße versuchen, den weiblichen Schelm zu wecken. Ob’s auf Anhieb funktioniert, das wird sich zeigen. Michael Fuchs ist da aber guter Hoffnung: „Mit ihrem Lieblingsgetränk, einem Campari mit Orangensaft, bekommen wir sie bestimmt wach.“