Bei Mette Ingvartsen ist die Bühne ein Labor. Die dänische Choreografin untersuchte bereits Bedingungen menschlicher Bewegung ebenso wie sich verändernde Landschaften. Spätestens seit sie 2009 bloß noch Objekte und Materialien, aber keine menschlichen Körper mehr choreografierte, gilt die Absolventin der berühmten belgischen Tanzschule PARTS als Impulsgeberin der zeitgenössischen Tanzszene.

In ihrer neuen Arbeit „The Artificial Nature Project“, die bei Pact Zollverein vor ausverkauftem Haus Uraufführung feierte, sind die Menschen wieder da. Aber nicht als Tänzer oder Darsteller, vielmehr als Bühnentechniker und Assoziationslieferanten. Hauptakteure sind silberglänzende Konfetti..

Gleich die Anfangsszene beeindruckt in zauberhafter Mette-Manier, die präzise und ausdauernd auf der Bühne Bewegung organisiert und damit in den Köpfen Bilderketten auslöst. Im stockdunklen Bühnenraum leuchten einzelne Konfetti auf. Sie erinnern an Glühwürmchen und Silvesterfunken, an Regenschauer und Schneegestöber. Dann ein harter Cut zur Katastrophe. Die Naturidylle hat sich im Neonlicht zur verseuchten Fläche verwandelt. Menschen in grau-schwarzen Kapuzenpulli-Schutzanzügen, mit Masken und Schutzbrillen wühlen im vergifteten Konfetti-Dreck.

Diese Arbeit ist nicht mehr so leicht und poetisch wie ihr Vorgänger „evaporated landscapes“. Denn in ihrer Fortsetzung ist der Mensch beteiligt. Der ist zwar visuell zurückgenommen, manchmal geht er ganz unter im Konfetti-Sturm. Aber die künstlichen Naturspektakel und Umweltkatastrophen sind handgemacht. Der Mensch lässt seine Rettungsdecken im Feuer tanzen. Er manipuliert sich in den Untergang. Es ist faszinierend und auch anstrengend, ihm dabei zuzuschauen.