Das Bürgerbegehren zum Erhalt der Stadtteilbibliotheken nimmt das Sammeln von Unterschriften ab sofort wieder auf. Mehr noch, die Initiatoren erheben das Begehren zur Nagelprobe: Es gehe nicht um weniger als um die Frage, ob Demokratie in dieser Stadt noch funktioniere oder nicht.

Patrik Köbele, Dagmar Kunellis und ihre Mitstreiter reagieren damit auf das aus ihrer Sicht skandalöse Vorgehen von Oberbürgermeister Reinhard Paß. Dieser spricht dem Rat der Stadt die Entscheidungshoheit über Kürzungen und Einsparungen bei den Stadtbibliotheken, aber auch bei der VHS und der Folkwang Musikschule ab und stützt sich dabei auf ein Verwaltungsgerichtsurteil aus Köln. Die Ratsmitglieder hätten bereits zugestimmt, als sie mit Mehrheit beschlossen, dass bei der Stadtverwaltung 690 Stellen abgebaut werden sollen. Dies umzusetzen, so die Lesart des OB, sei nun allein Sache der Verwaltung. Das Bürgerbegehren zum Erhalt der städtischen Bibliotheken ließ Paß deshalb kurzerhand für unzulässig erklären. Das Sammeln der Unterschriften stellte das Bürgerbegehren daraufhin ein. Nun startet es einen neuen Anlauf. Bei der Akteneinsicht fand Köbele gar einen handschriftlichen Vermerk. Die ursprüngliche Formulierung des Textes war nachträglich verschärft und durch Paß abgezeichnet worden.

„Der Oberbürgermeister degradiert den Rat zu einer Quasselbude“, ereiferte sich gestern Patrik Köbele. Den Amtsinhaber verglich er im nächsten Atemzug mit Napoleon, der sich erst zum Konsul wählen ließ, um sich dann zum Kaiser zu machen. Das Kalkül der Initiatoren: Der Rat der Stadt soll entscheiden, ob er das Bürgerbegehren für zulässig erklärt oder nicht. Erklärt der Rat es für unzulässig, „entmachtet er sich selbst“, warnt Köbele. Erklärt der Rat das Begehren aber für zulässig, müsste OB Paß den Beschluss nach seiner Lesart umgehend einkassieren und für ungültig erklären. In diesem Fall wäre der Weg für die Initiatoren des Begehrens frei für juristische Schritte. Es ist also Taktik im Spiel.

Viel Zeit bleibt ihnen nicht. 14 000 gültige Unterschriften müssen sie vorlegen, voraussichtlich bis Februar, damit der Rat im März entscheiden kann. Gerade noch rechtzeitig, denn zum 1. April kommenden Jahres sollen die Sparvorschläge greifen. Aufgrund der engen Terminierung spricht Köbele dem OB „eine gewisse Bauernschläue“ nicht ab.