570 Kilometer gegangen – das Schönste war das „Ankommen“

Moritz (15) hat sich zwölf Blasen gelaufen, Lukas (15) immerhin neun. Was alle am schlimmsten fanden, war das frühe Aufstehen in der Dunkelheit, und das Schönste nach vier Wochen Wanderung auf dem berühmtesten Pilgerweg der Welt war: „Die heiße Dusche zu Hause“, sagt Jan Frederic (15). „Oder die Badewanne“, ergänzt Lucas (14).

36 Schüler des bischöflichen Schulzentrums am Stoppenberg sind vier Wochen lang insgesamt 560 Kilometer auf dem Jakobsweg gewandert, von Burgos, Kastilien, bis Santiago de Compostela. Begleitet wurden sie von zwei Schulsozialarbeitern und dem Schulseelsorger. Seit vier Tagen sind sie wieder da.

Sie erzählen beeindruckende Geschichten von Herbergen, die voll waren und sie deshalb weiterziehen mussten, von muffigen Stadthallen mit kaputten Decken und einem einzigen Klo für alle. Davon, wie es ist, nach der Wanderung abends noch die Wäsche selbst zu waschen, und wie das Toastbrot aus dem Proviant irgendwann anfängt, so ein bisschen fade zu schmecken. Davon, wie es ist, nicht nur auf Begeisterung bei anderen Pilgern zu stoßen, denn 34 Leute brauchen am Abend ja auch 34 Betten, und auf dem Weg gilt die Regel: Wer als erstes kommt, mahlt zuerst. „Macht doch eure Klassenfahrt woanders“, hätten manche gesagt, berichtet Sozialarbeiter Markus Schumacher.

Und doch: Es gab auch viel Anerkennung von älteren Wanderern; kein Wunder: 34 Kilometer liefen die Schüler im Schnitt pro Tag. Und sie sind alle freiwillig mitgegangen. „Man sagt, dass der Weg einen verändert, das hat mich neugierig gemacht“, erzählt Moritz (15). Und? „Das stimmt“, sagt Tim. „Man wird sensibler. Und bewusster für das, was man sagt und tut.“ Stellt er jetzt fest, wo er wieder hier ist. Die anderen Schüler in der Runde nicken, als er das erzählt.

Es hat auch jeder den Moment erlebt, da er dachte, es geht nicht mehr. Und dann? „Musik auf die Ohren und weiter“, sagt Tobias (16) und lacht. Jeder hat stundenlang allein mit sich verbracht auf diesem Weg, jeder in seinem Tempo, und es gab sehr viel Zeit zum Denken. An einem berühmten Pass-Übergang konnte man „Sorgensteine“ ablegen, als Stellvertreter für das, was einen im Alltag belastet. „Fast alle haben was hingelegt“, sagt Sozialarbeiter Holger Sieg. Morgens, in aller Herrgottsfrühe, war nach einem „geistlichen Impuls“ gestartet worden, so nannten sie das, und abends gingen die meisten früh ins Bett. Obwohl: Manche hatten noch Lust und Energie, Fußball mit Dorfbewohnern oder anderen Pilgern zu spielen. Und das Schönste? „Das Ankommen, die Kathe­drale von Santiago de Compostela zu sehen“, sagen die Schüler. „Das war etwas sehr Besonderes.“