Seit fünf Jahren hat das Gymnasium Nordost sein schuleigenes Nachhilfeprogramm: Pensionierte Lehrer setzen sich zum Ende der Sommerferien mit Schülern zusammen und lernen mit ihnen für die Nachprüfung. Die Erfolgsbilanz: Drei von vier Schülern schaffen nicht nur die Nachprüfung, sondern später auch ihren Schulabschluss.

Tobias Voßbeck hat’s geschafft. Seine Versetzung in die neunte Klasse war wegen seiner miserablen Englischnoten mehr als gefährdet. Mit dem „Nicht versetzt“-Zeugnis bekam er die Einladung zur Sommerschule und hat seine Chancen genutzt: „Ich habe mich von 5- auf 2+ verbessert“, sagt er. „Vor allem die Vokabeln sitzen jetzt. Jetzt traue ich mich auch, mich im Unterricht zu melden. Vorher habe ich immer gedacht: Hoffentlich komme ich bloß nicht dran.“

„Hast du denn gar nicht gelernt?“

Seine Erfolgsgeschichte wird möglich durch das Engagement von einem Dutzend pensionierter Lehrer und den pädagogischen Ansatz des langjährigen Schulleiters Horst Stief. Als der 2007 von Udo Brennholt abgelöst wurde, rief er die Sommerschule ins Leben. Ausgangspunkt seiner Überlegungen waren seine Erfahrung in Prüfungskommissionen. Durchgefallene Schüler hatte er gefragt: Hast du denn gar nicht gelernt für die Nachprüfung? Dann stellte sich oft heraus, dass Nachhilfelehrer sehr wohl mit den Schülern gelernt hatten – aber eben nicht das, was im letzten halben Jahr am Nordostgymnasium auf dem Stundenplan gestanden hatte.

In der Sommerschule kann dieser Unfall nicht passieren, weil die ehrenamtlichen Lehrer Kontakt zu den Klassenlehrern halten – und so auch gezielte Informationen über die jeweiligen Schwächen ihrer Schützlinge bekommen.

Das Modell funktioniert so gut, dass die Schule das Angebot jetzt auch auf angehende Fünfklässler ausgedehnt hat, deren Schulempfehlungen und Abgangszeugnisse Schwierigkeiten nach dem Schulwechsel vermuten lassen. „Wir weisen schon bei der Anmeldung im Februar auf unser Angebot hin und schreiben die Eltern im Mai nochmals an“, sagt Lehrerin Maida Delic. Dieses Jahr haben 15 Eltern ihre Kinder zu diesem „Warm Up-Trainung“ geschickt.

Die angehenden Fünftklässler mit vermuteten Defiziten in Deutsch, Englisch, Mathe oder Arbeitsorganisation werden in kleinen Gruppen täglich von 8 bis 15 Uhr fit gemacht – Mittagessen und Entspannungsübungen eingeschlossen. Der Sommerschulkurs schafft Sicherheit, soll Identität stiften mit der neuen Schule und bringt den Teilnehmern einen echten Startvorteil, sagt Maida Delic: „Für die Kinder ist es cool, die Schule am ersten Schultag schon zu kennen.“