Es war ein Ereignis, bei dem weder der Oberbürgermeister noch die Honoratioren der Stadt fehlen durften. Im September 1913 wurde ein stolzes Gotteshaus eingeweiht, das ein Versprechen sein sollte für die Juden in der Stadt. „Mit diesem Bauwerk in unmittelbarer Nähe zum Dom und von ähnlicher Größe verband sich die Hoffnung auf Akzeptanz“, sagt Uri Kaufmann, Leiter der Alten Synagoge – jenes Gebäudes, das vor einem Jahrhundert als „neue Synagoge“ errichtet wurde.

Heute sitzt hier das „Haus jüdischer Kultur“, das Museum, Kulturzentrum und Lehrhaus ist. Und so begehen Kaufmann und sein Team den 100. Geburtstag der Synagoge mit einer Jubiläumsreihe, die sich dem jüdischen Leben in Essen ebenso widmet wie etwa dem Architekten Edmund Körner, der auch das Haus der Technik entworfen hat. Für die jüdische Gemeinde, der die alte Synagoge am Weberplatz zu eng geworden war, schuf er 1912/13 einen Sakralbau mit 1300 Plätzen.

Synagogenchor kommt nach Essen

In der Pogromnacht am 9. November 1938 ging die Synagoge in Flammen auf und mit ihr verbrannten alle Hoffnungen der jüdischen Gemeinde; die offene Verfolgung der Juden begann. „Die Schweizer Juden, die nicht verfolgt wurden, waren die einzigen im deutschsprachigen Raum, die ihre liturgische Tradition bis heute pflegen konnten“, sagt Kaufmann, der aus der Schweiz stammt. Er sei daher froh, dass der Synagogenchor der Israelitischen Cultusgemeinde Zürich in die Alte Synagoge komme. „Da bekommt man einen klanglichen Eindruck von jüdischen Gottesdiensten, wie sie bis 1938 auch in Essen gefeiert wurden.“ Gespielt werden am Sonntag, 25. November, ab 16 Uhr Werke von Jossele Rosenblatt, Abraham Dunajewsky und Louis Lewandowsky. Jüdische Gemeindemitglieder, die regelmäßig den Gottesdienst besuchten, seien mit Lewandowski vertraut, sagt Kaufmann. Allen, die seine Musik nicht kennen, erklärt er: „Sie tönt sehr wie Mendelssohn-Bartholdy.“

So löst auch das Konzert einen Bildungsanspruch ein, den die folgenden Veranstaltungen der Reihe wie selbstverständlich erheben. Am 10. Januar spricht Stadtarchivar Klaus Wisotzky über Essen im Jahr 1913, am 3. März gibt es einen Literarischen Rundgang, es folgen Termine zum Synagogenbau (22.3.) und zu Architekt Körner (14.4.).

„Wir sind eine Bildungseinrichtung“, sagt Kaufmann. Dafür stehen auch die „Lehrhäuser für Kinder“, die von jüdischen Festen, von Glauben und Gebräuchen erzählen, dafür stehen die Donnerstagsgespräche und viele Referenten, die kontroverse Thesen zur jüdischen Bibelexegese verhandeln. Dass er den Thora-Kreis eines evangelischen Pfarrers bei seinem Amtsantritt vor einem Jahr aus der Synagoge verwies, kommentiert Kaufmann nur so: „Der Kreis hat ein neues Zuhause gefunden – und ich darf hier auch eigene Akzente setzen.“