Essen. Diese Frage stellte die Polizei nicht öfter als beim ersten Blitzermarathon. Raserquote blieb bei drei Prozent.

Ja, wo laufen sie denn? Wohl nirgends. So humorig manche den Marathon der Polizei kommentierten, desto ernster dürfte die Blitz-Aktion für Geschwindigkeitssünder gewesen sein, die trotz großer Ankündigung in Funk, Fernsehen und Zeitung in die Radarfalle tappten, weil sie „es zwar wussten“, es aber „eilig hatten“, „schnell zum Arzt wollten“ oder schlichtweg „in Gedanken waren“ – so viel zu den Ausreden.

Die Polizei erwischte laut Zwischenbilanz an stadtweit 119 Messpunkten etwa die gleiche Anzahl an Rasern wie beim Aktionstag im Juli, nur punktuell gab es Zunahmen. An anderen Stellen gab’s für die Beamten dagegen wenig zu tun, etwa auf der „Halben Höhe“ an der Holsterhauser Straße, wo sie verdutzte bis erschrockene Autofahrer auch mal anhielten, um sie für ihre vorbildliche Geschwindigkeit zu loben.

"Kein Wutpunkt der Bürger"

„Das ist eine Stelle, die wir selber ausgesucht haben. Kein Wutpunkt der Bürger“, berichtet Polizeisprecher Ulrich Faßbender, während seine Kollegen um 10.30 Uhr den Ständer ausklappen und die Laserpistole aufbauen. Tempo 50 ist auf diesem schmalen Stück Richtung Margarethenhöhe erlaubt. Abwechselnd schauen die Polizeihauptkommissare Thomas Kerb und Bodo Wolter durch das Visier, zielen auf die Kennzeichen der Fahrzeuge und drücken den Abzug. 40 Stundenkilometer, 43, 48, 39, 42 – zahlreiche Autos passieren, die Fahrer schauen unaufgeregt. „Unser Erfolg ist nicht, wenn wir viel Geld einnehmen, sondern wenn wir langfristig ins Bewusstsein kriegen, dass vorschriftsmäßig gefahren wird“, erklärt Faßbender.

Auf der anderen Straßenseite ist eine Politesse unterwegs und schreibt Falschparkern Knöllchen. Wenige Minuten später taucht der erste Abschleppwagen auf. „Das ist Zufall, das war nicht abgesprochen“, meint Faßbender lachend. Ein bisschen stehen sich die Kollegen schon die Beine in den Bauch – und es liegt nicht daran, dass man die Ordnungshüter ab einer gewissen Entfernung erkennt.

Es gab auch Lob

„Der wird jetzt mal belobigt“, ruft Polizeihauptkommissar Raphael Gervers. Der Lenker des Lieferwagens fühlt sich dagegen ertappt, hat Herzklopfen und fragt beim Runterkurbeln der Scheibe: „Was muss ich jetzt zahlen?“ „Nichts“, entgegnet Gervers mit einem Grinsen, „wir wollen sie nur loben, 42 sind Sie gefahren. Und damit nicht zu schnell.“

Schluss mit lustig heißt es später an der Keplerstraße nahe der Gesamtschule Holsterhausen, wohin das Team umgezogen ist. Die Tempo-30-Zone Richtung A 40 verführe wegen der breiten Straße zum Rasen. Sünder Nummer eins geht mit 44 Kilometern pro Stunde ins Netz. Beamtin Friederike Leue winkt den Mann mit dem blauen Kleinwagen an den Straßenrand. Sie klärt ihn darüber auf, was er falsch gemacht und bietet ihm ein Verwarngeld in Höhe von 15 Euro an. Der Mann winkt ab, er verstehe kein Deutsch. „Freund, Freund“, ruft er und gibt ihr sein Handy, damit der Bekannte am Hörer übersetzt – einen deutschen Führerschein hat er aber.

Mit ebenfalls 15 Euro kommen nur wenige Minuten später eine ältere Dame und ein Arzt davon. Sie läuft rot an, als sie angesprochen wird. Er ist etwas grummelig, sieht das Fehlverhalten aber ein. Am Ende hören beide die selbe Frage: „Zahlen Sie bar oder mit Karte?“

Zwischenbilanz der Polizei Essen

Erste Zahlen nannte die Essener Polizei am Nachmittag, während der um 6 Uhr gestartete 24-stündige Blitzermarathon noch andauerte: „Von 6 bis 14 Uhr haben wir in der Stadt 3349 Fahrzeuge gemessen. Davon waren 111 zu schnell unterwegs“, berichtete Sprecher Ulrich Faßbender. In dem Zeitraum habe es zwar an den Schwerpunkten Stadtmitte und Kray deutlich mehr Verkehrsverstöße als im Sommer gegeben, aber dafür an anderen Messpunkten weniger, so dass man sich an das Niveau der beiden vorangegangenen Aktionstage im Juli und Februar angenähert habe. Die Quote der Sünder habe bei rund drei Prozent gelegen. Große Ausreißer beim Tempo habe es dabei nicht gegeben.