Amir R. gerät gerade sein gesamter Lebenslauf aus den Fugen. Der Sozialwissenschaftler ist einer der letzten rund 100 Diplomstudenten an der Uni Duisburg-Essen, nachdem diese auf das neue Bachelor-Master-System umstellte.

Er hat sich viel Zeit gelassen mit seinem Studium, nun trennt ihn ein letzter Schritt vom Ziel. Doch seine Diplomarbeit soll Amir R., dessen Namen wir geändert haben, nun nicht mehr abgeben dürfen im Zweitversuch. Der Prüfungsausschuss der Uni entschied: Frist verpasst. Nur hatte Amir R. seine Diplomarbeit krankheitsbedingt später abgeben dürfen und im ersten Anlauf noch gar nicht zurück, als die Anmeldefrist für den zweiten ablief.

Der Allgemeine Studierenden-Ausschuss (AStA) hält Amir R.s Geschichte für symptomatisch, auch wenn jeder Fall unterschiedlich liegt. Der Vorwurf der Studenten: Der Prüfungsausschuss gehe mit unnötiger Härte vor, um die ehemaligen Diplomstudenten loszuwerden.

Die Folge für die Betroffenen: Ihren Diplomabschluss können sie wohl nicht mehr machen – auch nicht an einer anderen Uni, denn dort laufen die entsprechenden Studiengänge ebenfalls aus. Amir R. etwa wurde angeboten, statt seines Diploms einen Bachelorabschluss zu machen, vorausgesetzt, er hänge noch ein Semester dran. Doch ein Bachelorabschluss ist natürlich bei weitem nicht so wertig wie ein Diplom, das eher mit einem Master vergleichbar ist.

Die Uni hält dagegen: Sechs Jahre lang hatten die Studenten Zeit, ihre restlichen Prüfungen abzulegen. Im Einzelfall konnten Härtefall-Anträge gestellt werden. Vielen sei stattgegeben worden. Prüfungsausschuss-Vorsitzender Achim Goerres: „Viele abgegebene Arbeiten sind mit einer guten Note bewertet worden. Es bestätigt die Arbeit des Ausschusses, Studierenden in Härtefall-Situationen noch eine letzte Chance zu geben.“ Uni-Sprecherin Beate Kostka schätzt, dass die Zahl der Betroffenen, die ihren Abschluss nun nicht mehr machen können, auf etwa 17 Personen. Die etwa 100 Studenten, die noch eingeschrieben sind, haben im Schnitt länger als 22 Semester studiert.

Amir R. klagt derzeit vor dem Verwaltungsgericht Düsseldorf – mit wohl geringen Aussichten, wie er selbst sagt. Zwei weitere Studenten klagen ebenfalls gegen ihre Uni, der AStA unterstützt sie dabei finanziell, bereitet seinerseits eine Klage vor. Die Uni erklärt: Ein eingestellter Studiengang könne nicht unbegrenzt fortgeführt werden. Dies benachteiligt eingeschriebenen Bachelor-/Masterstudenten, denen Betreuungskompetenz entzogen wird, und jene, die sich korrekt an Fristen gehalten haben.