Nordviertel.

Der Glaspavillon der Uni Essen sieht völlig verändert aus. Von der zuvor kargen, weißen Decke hängen nun bunte, schimmernde Lampions. Wo sonst nervöse Studenten über kniffligen Klausuren brüten, stehen entspannte Männer Schlange für türkischen Tee.

Die Buchmesse Ruhr hat am Wochenende begonnen, und zu ihrer Eröffnung kamen mehr Zuschauer, als die Veranstalter Stühle stellen konnten. Ein Gänsehaut-Erlebnis für Organisator Fikret Günes, der die deutsch-türkische Buchmesse vor acht Jahren zusammen mit Freunden und Mit-Studenten aus der Taufe hob: „Wir hätten nie gedacht, dass wir so lange durchhalten.“

Aus der Essener Bücherschau ist inzwischen eine zehntägige NRW-weite Veranstaltung geworden, mit Vorträgen, Diskussionen, Lesungen und Filmvorführungen in Essen, Duisburg, Gelsenkirchen, Neuss, Recklinghausen, Dortmund, Mülheim, Bergkamen, Bielefeld und Mönchengladbach. „Wir sind ein Festival für das ganze Ruhrgebiet“, erklärt Günes und ergänzt: „In der Form ist die Buchmesse bundesweit einzigartig.“

Eine Sonderstellung hat die Messe vor allem dank ihrer großen Bücher-Auswahl, 30 000 Exemplare ballen sich auf engem Raum. Weltliteratur in türkischer Sprache, türkische Fachbücher in deutscher Übersetzung, bunte Bilderbücher für die bilinguale Erziehung – da wird aus dem „Kleinen Prinz“ der „Küçük Prens“, und aus Hesses „Steppenwolf“ ein „Bozkirkurdu“. Wie sehr beide Kulturen im Austausch voneinander profitieren können, ist in den Regalen zum Greifen nah.

Doch nicht nur die Literatur verrät viel über die türkisch-stämmige Gemeinschaft in Deutschland. So sprachen im Rahmenprogramm Aydın Çubukçu – Autor, Publizist und Fernsehintendant – und Ertuğrul Kürkçü – Abgeordneter des türkischen Parlaments – über ihr Leben in der Türkei, das sie als Führer der 1968er Studentenbewegung ins Gefängnis und später als Gegner der bestehenden Ordnung zurück in die Politik führte. Im Raum lauschte eine Migranten-Gruppe, die durch alle Klischees der Immigrations-Debatten fällt: Linke Intelligenz, Liberale und Anhänger gesellschaftlicher Minderheiten.

Dass viele in Deutschland bis heute so wenig von diesen Gruppen wissen, beweist, wie wenig man die Türkei, ihre Geschichte und ihre Gesellschaft kennt. Doch genau das will die deutsch-türkische Buchmesse ja ändern. Noch bis Sonntag, 21. Oktober, laden die Veranstalter dazu ein unter dem Motto: „Türkei erlesen“.