Essen. Tausende Essener haben im denkmalgeschützten Luftschutzbunker an der Eisernen Hand im Ostviertel während der Bombenangriffe des Zweiten Weltkrieges Schutz gefunden. 99 russische Zwangsarbeiter und ein deutscher Unteroffizier jedoch starben einen elenden Tod, weil sie kein Recht auf einen Bunkerplatz hatten.

Die Bezirksregierung Düsseldorf hat den Luftschutzbunker an der Eisernen Hand im Ostviertel unter Denkmalschutz gestellt. Tausende Essener haben dort während der Bombenangriffe des Zweiten Weltkrieges Schutz gefunden. Auch 99 russischen Zwangsarbeitern und einem deutschen Unteroffizier hätte der Bunker das Leben retten können. Weil aber Zwangsarbeiter kein Recht auf einen Bunkerplatz hatten, starben sie am 12. Dezember 1944 einen Steinwurf vom rettenden Bau entfernt eines elenden Todes in einem verschütteten Stollen.

Kaum einer kennt das Denkmal, das die Stadt 1964 den Verschütteten setzte. Ein schmaler Weg führt von der Gerlingstraße in eine kleine Grünanlage zu einem Bronzerelief. Über der Darstellung eines Verschütteten steht in deutscher und kyrillischer Schrift: „Hier ruhen 99 russische Kriegsgefangene, verschüttet durch Fliegerbomben am 12. Dezember 1944.“

Bombensicherer Aufenthalt

Sie hätten nicht sterben müssen, denn nur 100 Meter vom Grabdenkmal entfernt steht der 1940/41 im Rahmen des „Führer-Sofortprogramms für den Luftschutz“ hoch gezogene Luftschutzbunker, der 430 Menschen mit seiner 1,40 Meter dicken Eisenbeton-Schutzdecke einen im Wortsinn bombensicheren Aufenthalt ermöglichte. Doch den russischen Kriegsgefangenen, die auf der Zeche Graf Beust Zwangsarbeit leisten mussten, war der Zutritt verwehrt. Sie hatten sich selbst einen zwischen sieben und neun Meter tiefen Schutzstollen auf dem Zechengelände gebaut, das damals noch zum RWE-Konzern gehörte.

Als am Abend die alliierten Bomberstaffeln über die Stadt zogen, trafen sechs Bomben den rund 100 Meter langen Stollen, der teilweise einstürzte und die Schutzsuchenden verschüttete. In seinem Buch „Essen erinnert“ ließ der 2009 verstorbene Stadthistoriker Ernst Schmidt 2002 einen der Bergleute erzählen, der an den Bergungsversuchen der Opfer beteiligt war.

"Es wurden 20 bis 30 Verschüttete geborgen."

Bergmann Franz Marx erinnert sich: „Steiger Spitz und ich versuchten, zu den Verschütteten vorzudringen. Nach vier Stunden trafen wir auf etwa 30 tote Russen und den deutschen Unteroffizier. Sie hatten sich fest in einander verkrallt und waren höchstwahrscheinlich erstickt. Wir legten den Toten Gummischläuche um ihre Körper und zogen einzelne heraus. Nachdem ich auf diese Weise fünf tote Russen und den deutschen Unteroffizier geborgen hatte, wurde mir übel.“

Andere Kumpel und russische Zwangsarbeiter setzten die Bergung fort. Marx: „Es wurden 20 bis 30 Verschüttete geborgen, mit Kalk bestreut und in den Maschinenraum der Zeche gebracht.“ Ein Versuch, einen neuen Schacht für die Bergung zu graben, blieb vergeblich. Marx: „Danach legte man die geborgenen Leichen wieder dorthin, wo man sie gefunden hatte. Dann wurde der Stolleneingang zugemauert. Nur den deutschen Unteroffizier hat man beerdigt.“ Die Gebeine der toten Russen liegen bis heute unter dem Bronzerelief, das ihr anonymes Grab markiert.

Ein tragisch eindrucksvolles historisches Ensemble

Die Grabplatte an der Gerling-straße steht seit 2009 unter Denkmalschutz, auf Beschluss der Bezirksvertretung Innenstadt. Der Hochbunker, im Besitz des Bundes und 1983 für Zwecke des Zivilschutzes umgebaut und unter anderem mit einer ABC-Schutzbelüftung ausgestattet, komplettiert jetzt auf Verfügung der Bezirksregierung das „tragisch eindrucksvolle historische Ensemble“. Es soll nicht nur an die 99 Russen und den Deutschen erinnern. Es soll auch ein Denkmal setzen den 1415 Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeitern sowie Kriegsgefangenen, die während des Krieges bei Bombenangriffen in Essen umgekommen sind. Jedes fünfte Essener Bombenopfer war Gefangener oder Zwangsarbeiter.