Die Einbruchszahlen in Essen sind zuletzt um 44 Prozent gestiegen, die Aufklärungsquote ist gering. Die Polizei kann wenig Hoffnung verbreiten, dass sich das in absehbarer Zeit ändert. Braucht es mehr bürgerschaftliche Selbsthilfe, um die Täter - oft Banden aus Osteuropa - von ihrem Tun abzuhalten? Rolf Krane, Vorsitzender der Interessengemeinschaft Rüttenscheid (IGR), hat eine Aktion gestartet, um das Miteinander unter Nachbarn zu verbessern und zu erreichen, dass jeder ein bisschen auf den anderen achtet. „Wir leben in einer Großstadt und da ist Anonymität normal und von vielen vielleicht sogar gewünscht“, meint Krane. Die Kehrseite: Oft haben Einbrecher hier besonders leichtes Spiel, weil sich keiner für den anderen verantwortlich fühlt und mancher vielleicht sogar wegsieht, wenn er Zeuge einer eindeutigen Straftat wird.
Polizei sei „hellauf begeistert“
In seiner unmittelbaren privaten Umgebung in Rüttenscheid hat Krane deshalb begonnen, einen vorsichtig formulierten Brief zu verteilen, in dem er Mut machen will, sich kennenzulernen und in der er Nachbarn bittet, ihm telefonisch Beobachtungen zu melden - etwa wenn sich etwas Verdächtiges rund um das Haus tut, in dem er seine Wohnung hat. Auslöser für die Initiative war der Fall eines Einbruchs bei einem befreundeten IGR-Mitglied. „Da kommt man natürlich ins Überlegen, wie man ähnliches vielleicht bei sich selbst verhindern kann“, so Krane. Und es gebe auch positive Beispiele: „In der Kordulastraße in Rüttenscheid ist ein Einbrecher erwischt worden, weil die Nachbarn aufgepasst haben.“
Die Polizei in Rüttenscheid sei von seiner Aktion „hellauf begeistert“. Natürlich warnt die Polizei davor, sich mit einem Einbrecher handgreiflich anzulegen, das Risiko zu Schaden zu kommen wäre viel zu groß. Doch Einbrecher weichen in der Regel schon von sich aus zurück, wenn sie sich beobachtet fühlen. Zudem setzen die Beamten darauf, öfter alarmiert zu werden, wenn die Bürger sensibler aufeinander achtgeben. Der Rat der Polizei ist einfach: „Lieber einmal zuviel anrufen als einmal zu wenig.“
Gute Nachbarschaft in der Großstadt muss sich aber nicht auf die Vorbeugung von Einbrüchen beschränken. „Es gibt in Rüttenscheid bereits einige Straßenzüge, in denen die Leute öfter zusammen kommen, miteinander feiern und eben auch ein bisschen aufpassen, was sich tut.“ Seine Initiative mit dem Nachbarschaftsbrief muss sich denn auch keinesfalls auf Rüttenscheid beschränken, sondern kann ohne weiteres auch in anderen Essener Stadtteilen funktionieren.