Das Burggymnasium hatte noch vor wenigen Jahrzehnten den Ruf, so etwas wie die Essener Eliteschule zu sein. Der egalitäre Zeitgeist hat davon nicht viel übrig gelassen. Dennoch hat diese „Höhere Schule“ nicht nur weiterhin Blickkontakt zur Keimzelle der Stadt, dem Dom am Burgplatz, sie hat als einzige Essener Schule tatsächlich einen sehr langen historischen Atem, der in Spurenelementen noch heute zu spüren sein mag. Ein neue Schulbiografie spürt dieser Geschichte nach, wenngleich sie sich im wesentlichen auf die Zeit zwischen 1824 und 1945 beschränkt.

Die Wurzeln des Burggymnasiums fallen mit der Gründung des Stifts Essen zusammen, die auf das Jahre 852 datiert wird. Auch Bürgersöhne der Stadt wurden hier im Mittelalter unterrichtet, mit einer modernen Schule späterer Zeit hatte die Stiftsschule jedoch kaum mehr gemein hatte als den Standort. Mitte des 16. Jahrhunderts ergab sich jener konfessionelle Bruch, der die „Burg“ fortan prägte: Während die Äbtissin als Landesherrin katholisch blieb, trat das Essener Bürgertum zum Protestantismus über, gründete eine eigene Schule, die allerdings auf Druck der preußischen Behörden nach Aufhebung des Stifts 1802 mit der viel älteren Stiftsschule fusionieren musste. Für zwei höhere Schulen in einer unbedeutenden Landstadt wie Essen mit wenigen tausend Einwohnern sahen die Behörden wohl keinen Bedarf.

Die Rolle von Alfred Krupp

Die Koexistenz blieb über Jahrzehnte schwierig, evangelische und katholische Eltern belauerten sich misstrauisch, Protestanten und Katholiken mussten sich in der Leitung der Schule abwechseln. Die Erhebung zum prestigeträchtigen Vollgymnasium im Jahr 1824 mit der Berechtigung, die Hochschulreife abzunehmen, änderte daran nichts. Klar wird, wie sehr das Klima in gemischt-konfessionellen Städten wie Essen bis weit ins 20. Jahrhundert von mehr oder weniger freundlichem Nebeneinander geprägt war. Der Autor will sogar herausgefunden haben, dass Alfred Krupp persönlich einen katholischen Direktor dank seiner Regierungsbeziehungen aufs Altenteil schickte und die Zahlung der entgangenen Bezüge übernahm, weil er seinen Sohn nicht in dessen Obhut geben wollte. Als Beleg für diese Geschichte werden allein nicht näher benannte Recherchen des Sohnes des Geschassten angeführt, was etwas dünn ist. Alfred Krupp war als Spross des Essener Patriziats selbstredend Protestant, doch religiös eher unmusikalisch und in seinen Fabriken und Siedlungen peinlich darauf bedacht, Protestanten und Katholiken gleich zu behandeln.

Die „Burg“ blieb über Jahrzehnte eine Hochburg der Essener Katholiken, der Söhne des Essener Großbürgertums und der Beamten. Noch Anfang der 1940er Jahre entstammten 44 Prozent der Schüler dem Milieu der höheren Staatsdiener.