Essen. Die Bedingungen für Schrotthändler haben sich extrem verschlechtert, Viele kämpfen ums Überleben. Gründe sind neue Auflagen und wachsende Konkurrenz. Auch Klüngels-Kerl Frank Scheuer aus Altenessen macht sich Sorgen: “Ich frage mich, wie lange ich meine Kinder noch ernähren kann“, sagt der dreifache Vater.

Viele Schrotthändler kämpfen ums Überleben. Gründe sind neue Auflagen und wachsende Konkurrenz. Dazu gehören Unternehmer aus Osteuropa und die Kommune, die nun Elektro-Schrott der Bürger erhält.

Als Kind ist Frank Scheuer mit der Flöte vor dem Wagen seines Vaters vorweggelaufen. Der war Klüngels-Kerl, das ist der Sohn bis heute. Der 41-Jährige hat beruflich nie etwas anderes gemacht, denn er schätzt die Freiheit, sein eigener Chef zu sein, so empfindet das der Altenessener: „Ich habe eine abwechslungsreiche Aufgabe und viele Bekanntschaften, die im Laufe der Jahre entstanden sind“.

Doch heute sorgt er sich um seinen Job und um seine Existenz: „Ich frage mich, wie lange ich meine Kinder noch ernähren kann“, sagt der dreifache Vater. Denn die Bedingungen für Schrotthändler haben sich extrem verschlechtert: „Wir kämpfen.“ Dazu beigetragen hat die enorme Konkurrenz und zuletzt, dass sie nach dem Kreislaufwirtschaftsgesetz keinen Elektro-Schrott mehr von privaten Personen sammeln dürfen.

Dauerbeschallung nervt

Brachte bis vor kurzem etwa eine Waschmaschine allein 80 Kilo auf die Waage, fährt er heute vielleicht wegen ein paar Eisenstangen raus. Das macht Frank Scheuer mit seinem Kollegen Markus Metzler ruhrgebietsweit nur nach Anruf und Terminvereinbarung – ohne Flötenmusik. Selbst die beiden sind von der Dauerbeschallung in den Straßen genervt. „Viele Osteuropäer haben den Markt entdeckt. Die hauen sich ‘ne Flöte rein und ballern durch die Städte“, sagt Scheuer.

Auf der einen Seite versteht er zwar, dass auch sie ihre Familie versorgen müssen. Auf der anderen haben sie Sammler erlebt, die alles abgrasen, was am Straßenrand steht oder in den Mülltonnen steckt. Und sie erleben, dass Illegale in ihrer Branche den Ruf ruinieren: Einige schlachten den Schrott aus, entsorgen die Reste im Gebüsch.

Illegale Schrottsammler machen Markus Metzler wütend

„Früher haben sich die Menschen über uns gefreut“, sagt Markus Metzler. Der 44-Jährige hat eine Ausbildung zum Radio- und Fernsehtechniker gemacht, später als Drucker gearbeitet und sammelt nun seit zehn Jahren Schrott: mit der notwendigen Reisegewerbekarte. „Ich zahle meine Steuern“, sagt der Vater von Zwillingen, der sich über illegale Sammler ärgert. Genauso wütend machen ihn ständig neue, verschärfte Auflagen.

Für die Genehmigung, Elektro-Schrott von gewerblichen Kunden zu sammeln, hat er bereits bezahlt. Nun müsse er bald eine Führerschein-Nachschulung machen, um weiterhin 7,5-Tonner zu fahren und einen weiteren Kurs, um zu lernen, wie er gefährliche Güter sicher transportiere. Alles natürlich kostenpflichtig: „Selbst wenn ich alle Schulungen mache, weiß ich nicht, was kommt.“ Die beiden glauben, dass die Neuerungen eine Folge der inzwischen explodierten Zahl der Sammler sind. Die Schrotthändler plädieren daher für mehr Kontrollen, um zumindest illegale Sammlungen zu verhindern. Der Grund für die Sammler-Schwemme: „Die Schrottpreise sind zwar rückläufig, aber immer noch gut.“

Wenn nun die Stadt den Elektro-Schrott des Privatbürgers bekommt, hat das auch für den laut Metzler einen Nachteil: „Die Seniorin muss ihre Waschmaschine an den Straßenrand stellen, die wir aus dem zweiten Stock geschleppt haben.“

Ideen für die Zeit danach 

Frank Scheuer macht sich inzwischen Gedanken, was er tun wird, wenn sie vom Schrott nicht mehr leben können: „Eingefallen ist mir noch nichts.“ Stattdessen haben die beiden konkrete Ideen, was alteingesessenen Schrotthändlern helfen könnte: Eine Beschränkung bei der Ausgabe der Reisegewerbekarten, so wie es bei Taxi-Konzessionen bereits funktioniert. Und: Die Abgabe auf Schrottplätzen nur für gewerbliche Unternehmen zulassen.

Das würde nicht nur illegale Sammler ohne Reisegewerbekarte treffen: „Das würde auch den Diebstahl von Dachrinnen und Grabschmuck verhindern, den manche als Einnahmequelle entdeckt haben.“

Flötenmusik gilt nicht als Lärmbelästigung

Was das Kreislaufwirtschaftsgesetz für den Bürger mit sich bringt: Wer z.B. seine Waschmaschine beim Umzug schnell entsorgen muss, sie aber nicht selbst zum Recyclinghof bringen kann, wird nun mitunter den Sperrmüll-Express der Entsorgungsbetriebe nutzen müssen: Privathaushalte zahlen 59,50 Euro für haushaltsübliche Mengen.

Wer Schrott in Essen sammeln will, muss bei der Stadt eine Reisegewerbekarte beantragen. „Diese ersetzt die normale Gewerbeanmeldung“, erklärt Stadtsprecher Stefan Schulze. Zu beantragen ist die Karte in der Kommune, in der der Antragsteller seinen Wohnsitz hat. Sammeln kann der Inhaber bundesweit, sagt Schulze. Und: „Die Stadt kann die Ausstellung wegen der Gewerbefreiheit nicht verwehren.“

Was in Essen im Gegensatz zu einigen anderen Kommunen ebenfalls nicht verboten ist: die Flötenmusik der Klüngelskerle. Die gilt in der Stadt keinesfalls als Lärmbelästigung, als die mancher Bürger sie durchaus empfinden mag. „Das Abspielen wird nicht geahndet, wenn die Sammler die Musik beim Fahren abspielen, um so auf sich aufmerksam zu machen“, erklärt Schulze.

Was mögliche illegale Schrottsammler angeht, so müssten die erst erwischt werden, sagt der Stadtsprecher. Dafür müssten sie etwa in einer Verkehrskontrolle der Polizei oder beispielsweise wegen ungesicherter Ladung auffallen.