Die fraglichen Grundstücke haben sie im Luftbild mit roten Punkten markiert und dazu einen eigenen Prospekt gedruckt – den wievielten eigentlich schon? Wieder einmal verspricht Thyssen-Krupp ansiedlungswilligen Unternehmen im Krupp-Gürtel „Schöne Aussichten“, wenn sich die Immobilien-Branche kommende Woche zu ihrem alljährlichen Stelldichein auf der Münchner Messe „Expo Real“ trifft. Und wieder einmal ahnt der Betrachter: Gemeint ist damit nicht nur der Blick der neuen Nachbarn auf das großartige Thyssen-Krupp-Quartier, sondern im Gegenzug auch der Wunsch des Weltkonzerns, an seinem Essener Stammsitz Nachbarn mit Niveau zu bekommen.
Denn Billigheimer hätten sie schon oft haben können. Hotels fürs kleine Budget an der Ecke zur Altendorfer Straße gab es genauso viele wie Bauherren für 08/15-Büroklitschen gleich vis-à-vis des großen Würfels. Aber ganz offensichtlich hat Thyssen-Krupp daraus gelernt, dass man sich selbst und auch der Stadt keinen Gefallen tut, wenn husch-husch der erstbeste Interessent bedient wird – so wie einst an der Südspitze des Krupp-Gürtels, wo ein banaler Lidl-Markt den großen planerischen Auftritt vermasselt hat.
„Qualität kommt nicht über Nacht“, sagt deshalb auch Martin Grimm, Chef der Thyssen-Krupp-Tochter Real Estate, „man braucht Durchhaltevermögen, und je mehr die Entwicklung voranschreitet, desto eher gewinnt der Standort: Wir warten auf den großen Wurf und hoffen, dass wir fündig werden.“
Dass dieser Standort wie auch die ganze Region „wesentlich mehr Potenzial hat, als von außen wahrgenommen wird“, wollen nicht weniger als 120 Partner der Ruhrwirtschaft von Montag bis Mittwoch in München unter Beweis stellen. Die Gewerbeimmobilienmesse „Expo Real“ ist dabei zugleich Schaufenster für erfolgreich absolvierte wie Marktplatz für projektierte Vorhaben in Essen und anderswo. Dabei muss, wie Thomas Westphal von der Wirtschaftsförderung metropoleruhr betont, schon deshalb der Blick auf Qualität gerichtet sein, weil verfügbare Flächen knapp sind: „Wenn wir so weitervermarkten wie bisher, haben wir in sieben Jahren keine Flächen mehr.“
Immerhin, Thyssen-Krupp hat davon noch reichlich – auch in Essen, wo allein der Krupp-Gürtel 122 Hektar (rund 240 Fußballplätze) Raum für Unternehmen bietet. Der größte Teil davon ist durch zwei Bauabschnitte des Berthold-Beitz-Boulevards bereits grob erschlossen – wenngleich Martin Grimm angesichts der nur Schritt für Schritt entstehenden Erschließung des gigantischen Industrie-Areals ein wenig Tempo vermisst – und den Willen des Landes, auch mal einen großen Wurf zu wagen: „Auf den nächsten Abschnitt warten wir jetzt wieder mehrere Jahre, das könnte aus unserer Sicht alles schneller gehen.“