Essen. . Verkehrswacht und Optiker testen in den Schulen. Oft würden die Eltern nicht wollen, dass ihre Kinder eine Brille tragen, selbst wenn sie auf beiden Augen weniger als 30 Prozent sehen.
Wer gut sehen kann, ist klar im Vorteil – im Straßenverkehr und in der Schule. „80 Prozent unserer Umwelt nehmen wir mit den Augen wahr“, betont Hans-Joachim Meyer, Augenoptikermeister bei Optik Schwalen. Dass sie nicht richtig sehen können, wissen viele Kinder und Jugendliche nicht, weil sie keinen Vergleich haben. Bei der Einschulung werden alle getestet, „doch oft entwickelt sich eine Sehschwäche und ist nicht sofort erkennbar“, sagt Meyer. Bis der nächste Pflichttest ansteht, wenn die Zöglinge ihren Führerschein machen wollen, können viele Jahre ins Land gehen. „In dieser Zeit kann einiges passieren“, beklagt Bettina Rust, Geschäftsführerin der Verkehrswacht Essen, „etwa wenn sie beim Weg über die Straße ein Fahrzeug übersehen und es zu einem Unfall kommt“. Damit das nicht passiert – und Kinder und Jugendliche im Unterricht keine Nachteile haben, weil sie die Tafel aus der dritten Reihe nicht erkennen können – arbeiten die Verkehrswacht, die Stadt, viele lokale Optiker und die AOK Rheinland/Hamburg eng zusammen. Und testen kostenfrei die Sehkraft – im vierten und siebten Schuljahr. Nach den Herbstferien ist es wieder so weit.
Wurde 2010/11 bei 14,7 Prozent der 3171 getesteten Viertklässler eine schlechte Sehleistung festgestellt, waren es im Folgejahr bei 2729 bereits 15 Prozent. Das ist jedes siebte Kind. An den Schulen im Norden der Stadt wurden mehr schlecht sehende Kinder ausgemacht als im Süden. Bis auf einen Ausreißer: An einer Schule im Süden waren mehr als 50 Prozent der Kinder auffällig. Bei den Siebtklässlern lässt sich der Unterschied zum Vorjahr noch deutlicher erkennen: Bei 18 Prozent der 4837 in 2010/11 getesteten Kinder wurde eine schlechte Sehleistung festgestellt, ein Jahr später waren es 19,5 Prozent von 3404 Kindern – jeder fünfte Jugendliche im Test. „Häufig ist Eitelkeit der Grund, vor allem bei Mädchen“, so Meyer.
Während der Radfahrausbildung in den Jugendverkehrsschulen werden die Siebtklässler nun wieder getestet; die Viertklässler bekommen in den Schulen Besuch von Optikern, die Sehtestgeräte mitbringen. Wer auffällig ist, erhält ein Schreiben für die Eltern mit nach Hause – mit der Empfehlung, einen Augenarzt aufzusuchen. „Letzten Endes müssen die Eltern sensibel sein und sich kümmern“, betont Rust. Das sei leider nicht immer der Fall. „Oft wollen die Eltern nicht, dass ihre Kinder eine Brille tragen, selbst wenn sie auf beiden Augen weniger als 30 Prozent sehen.“ Über Monate hinweg passiere dann oft nichts, selbst auf Bitte der Lehrer. „Mein Kind bekommt keine Brille, es hat keinen Makel“, hat Bettina Rust bereits zu hören bekommen: „Das ist doch der Wahnsinn.“
Trotz Desinteresse eine gute Sache
Das Desinteresse uneinsichtiger Eltern zum Trotz: „Wir sind sicher, dass die kostenlosen Augenuntersuchung eine gute Sache ist – eine Dienstleistung, die Kindern dabei helfen soll, wieder besser zu sehen“, sind sich die Beteiligten einig. Den großen Aufwand scheuen die Partner daher nicht, legen aber Wert darauf, dass mit den Daten der Kinder vertraulich umgegangen wird. Sie würden nicht an höhere Stellen weitergegeben, nicht gespeichert. Einzig die Klassenlehrer bekämen eine Info, welche Kinder den Augenarzt aufsuchen sollten.
Die Verkehrswacht möchte alle Schüler der vierten und siebten Klassen auf ihre Sehkraft hin testen. Dafür sucht sie weitere Optiker, die sich an den Messungen in ihrem Stadtteil beteiligen. Weitere Infos gibt es bei Sabine Kaprolat unter 49 59 997 und im Internet auf: www.verkehrswacht-essen.de