Essen.. Finanzminister Norbert Walter-Borjans verteidigt NRW Urban und den Bau- und Liegenschaftsbetrieb gegen den Vorwurf, sie hätten das Zollverein-Projekt scheitern lassen. Dass es Schadensersatz gibt, scheint eher fraglich. Die Schuld am Scheitern sieht man ganz klar auf Seiten des Scheichs.

Wenn eine Privat-Investition von 130 Millionen Euro und mehr sich in Luft auflöst, dann lohnt es sich, noch mal genauer die Frage zu erörtern, wer denn daran die Schuld trägt. Der FDP-Landtagsabgeordnete Ralf Witzel unternahm diesen Versuch im Haushalts- und Finanz-Ausschuss des Landes – vielleicht auch, weil er darauf hoffte, es könnte was dran sein am Vorwurf des saudi-arabischen Scheichs Hani A.Z. Yamani, der Bau- und Liegenschaftsbetrieb des Landes hätte das Designstadt-Projekt auf Zollverein verzögert und damit quasi die verweigerte Kaufpreis-Zahlung fürs Grundstück provoziert.

Doch NRW-Finanzminister Norbert Walter-Borjans ließ keinen Zweifel daran, dass man beim Land die Schuld am Scheitern des ehrgeizigen Vorhabens ganz klar auf Seiten des Scheichs sieht. So habe dessen Vertreter im Mai dieses Jahres ohne Absprache eine Änderung des Mietvertrags für den Bau der Folkwang-Uni beurkundet. Diese Korrektur sei „nicht akzeptabel“ gewesen, weil sie für das Land zu Mehrkosten gegenüber den bestehenden Verträgen geführt hätte. Einige andere Änderungen wurden vom Land akzeptiert und folglich ergab sich daraus auch die Verpflichtung, den Kaufpreis – rund 2,7 Millionen Euro – zu zahlen.

Investoren stehen nicht Schlange

Wenn Yamanis Unternehmen Hazy Trading jetzt den landeseigenen Grundstücksentwickler NRW Urban und den Bau- und Liegenschaftsbetrieb verantwortlich mache, sei das, so Walter-Borjans, „absolut nicht nachvollziehbar“, im Gegenteil: Er als Finanzminister halte die Kündigung auch im Nachhinein für „unvermeidbar“, weil man sich angesichts der arg ungewöhnlichen Firmen-Konstruktion von Hazy – ein saudi-arabischer Scheich und eine kroatische Baufirma machen in einer Gesellschaft englischen Rechts mit Sitz auf Malta Geschäfte – nicht auf immer neue Schritte einlassen könne: „Man kommt irgendwann an den Punkt, über landeseigene Grundstücke nicht mehr verfügen zu können.“

Mit dem Scheich-Projekt muss der Bau- und Liegenschaftsbetrieb des Landes nach Walter-Borjans Worten auch rund 204.000 Euro in den Wind schreiben, die er für den Architektenwettbewerb und die juristische Begleitung der Verhandlungen auslegte. Zwar prüft das Land – wie bereits berichtet – ob es Schadensersatz einklagen kann. Die Aussichten dafür stehen aber wohl eher schlecht wie der NRW-Finanzminister gestern durchblicken ließ: Das Stammkapital des auf Malta ansässigen Vertragspartners Hazy Trading Est & Associates Ltd betrage gerade mal 1.200 Euro, von denen nur 240 Euro eingezahlt seien.

Niemand weiß, was nach dem Scheich kommt

Zur Wahrheit gehört aber auch: Diese Firma wurde allein gegründet, weil das Land das ursprüngliche Unternehmen mangels Handelsregister in Saudi-Arabien nicht als Eigentümerin im deutschen Grundbuch eintragen konnte.

Was nach dem Scheich kommt? Da musste der NRW-Finanzminister gestern genauso passen wie der Staatssekretär im Bauministerium, Gunther Adler: Der Rücktritt vom Kaufvertrag sei gerade mal eine Woche her, verteidigte Adler, und schon vorher an einem Plan B zu basteln hätte wohl seinerseits einen Schadensersatz für Yamani aussichtsreich gemacht. Immerhin macht Hazy Trading geltend, in den vergangenen sieben Jahren einen Millionenbetrag für das Projekt aufgewandt zu haben.

Wenig Hoffnung noch rechtzeitig einen Investor zu finden

Möglich ist eine Ausschreibung für einen Gesamtinvestor, möglich aber auch, dass der Bau- und Liegenschaftsbetrieb NRW einspringt. Der allerdings dürfte wegen der gesetzlichen Grundlagen nur eines der drei Projekt-Bestandteile errichten – den Bau für den Fachbereich Gestaltung der Folkwang-Uni, der mit 690 Studenten und 45 Lehrkräften spätestens Ende 2014 Leben an den Standort Zollverein bringt.

Einen Investor auch für die Designstadt und das Hotel zu finden, gilt – erst recht unter Zeitdruck – als nahezu aussichtslos: Man dürfe getrost davon ausgehen, so ließ sich gestern Staatssekretär Adler vernehmen, „dass die Interessenten dafür nicht gerade Schlange stehen“.