Essen. . Der Liebe wegen will der 26-Jährige illegal in Deutschland eingereist sein. Keinesfalls für den Heroin-Handel, den ihm die Staatsanwaltschaft am Montag vor dem Landgericht Essen vorwirft. Drei Jahre und elf Monate Haft bekommt er dafür.

Ein richtiger Drogendealer will der 26-Jährige nicht sein. Allein der Liebe wegen sei er illegal aus der Türkei nach Deutschland gereist und dann „in die falsche Bahn“ gedrängt worden. Schließlich gesteht er doch und kassiert vor der VI. Essener Strafkammer für seinen laut Anklage schwunghaften Heroinhandel drei Jahre und elf Monate Gefängnis.

Ermittlungen der hessischen Polizei hatten Ende vergangenen Jahres gezeigt, dass ein Türke aus Darmstadt regelmäßig per Telefon Heroin in Essen bestellte. Die Beamten hörten mit und kamen auf 13 Verkaufsgespräche zwischen Dezember 2011 und April 2012. Schnell hatten sie den Lieferanten im Ruhrgebiet als Mehmet G. identifiziert. Als am 9. April wieder einmal das Rauschgift in einem Döner-Imbiss an der Altenessener Straße den Besitzer wechselte, griff die Polizei zu. Beim Darmstädter Käufer fanden die Beamten 190 Gramm Heroin, bei Mehmet G. die gerade erhaltenen 4050 Euro Kaufpreis.

Gefälschter belgischer Ausweis

Die Durchsuchung seiner Wohnung im Nordviertel festigte die Beweislage: 165 Gramm Heroin und vier Kilogramm Streckmittel sicherten die Fahnder, entdeckten außerdem eine Feinwaage und Plastikbeutel für die portionsgerechte Verpackung. Ein gefälschter belgischer Ausweis, der in der Wohnung lag, machte den Angeklagten sogar acht Jahre älter und verlieh ihm einen Alias-Namen.

Ein längeres Rechtsgespräch der Berufsjuristen stand zu Beginn des Prozesses. Doch mit der darin ausgehandelten Strafe von drei Jahren und elf Monaten Gefängnis zeigte Mehmet G. sich nicht einverstanden. Nachdem Verteidiger Karl Engels den Mandanten nicht überzeugt hatte, versuchte Richterin Jutta Wendrich-Rosch es selbst. Sie erinnerte ihn daran, dass Staatsanwältin Yvonne Rothe ohne Geständnis an sechs bis sieben Jahren Gefängnis denke. Sein Anwalt habe um Milde gebeten, sagte die Richterin weiter und machte ihn auf die Voraussetzungen aufmerksam: „Milde muss man sich bei Gericht verdienen.“

Illegale Einreise wegen der Liebe

Doch der Angeklagte verweigerte sich den Worten. Es seien andere gewesen, sagte er: „Ich habe das Geld nur weitergeleitet, es war nicht für mich.“ Er sei auch nicht „in diesen Staat eingereist, um Straftaten zu begehen, sondern um meine Verlobte zu heiraten“. Kurz gesagt: „Es war Liebe, so ist das eben.“ Hinten im Saal laufen seiner Verlobten die Tränen über die Wangen. Dann entschuldigte er sich für seine Taten, die er noch gar nicht gestanden hatte und schränkte ein: „Jeder Mensch kann Fehler machen.“

Als er hinzufügte, Deutschland sei „ein Ort, wo man auf die falsche Bahn gerät“, wies Staatsanwältin Rothe ihn zurecht: „Als ob Deutschland Sie zum Drogenhandel drängt.“ Nein, nein, korrigiert er, er meine die Menschen, mit denen man zu tun hat. Der Angeklagte, der in seiner Heimat als Gas- und Wasserinstallateur gearbeitet haben will, bedauert seine Entwicklung rückblickend: „In der Türkei hatte ich ein schönes Leben.“

Nach einem weiteren Gespräch mit Anwalt Engels gibt es dann doch noch ein Geständnis für vier Fälle und im Gegenzug die zugesagten dreieinhalb Jahre Gefängnis.