Essen. . Durch das Job-Sparpaket der Stadt Essen fallen bei der Volkshochschule nicht nur hauptamtliche pädagogische Mitarbeiter weg – auch der Infotresen bliebe immer öfter verwaist, und der Hausdienst wird gestutzt. Was das im Alltag bedeutet, malen einem kundige Mitarbeiter in schwarzen Farben aus.

Man wird ja wohl noch mal träumen dürfen: „Ich will doch nur, dass die Zukunft perfekt wird“ – so sang die Gelsenkirchener Band „The Herbs“ vor ein paar Tagen zum Start des Herbstsemesters, das die Volkshochschule unter genau dieses Motto gestellt hat: „Zukunft perfekt“.

Wer dagegen die aktuellen Sparpapiere der Stadt liest, dem schwant, dass da bei der VHS eher der Wunsch der Vater des Gedankens ist. Denn im Rahmen des neuen Job-Sparpakets soll auch der Bildungsakku vom Burgplatz wieder spürbar an Ladung verlieren: Die VHS-Außenstelle in Borbeck wird geschlossen, der Hausdienst gestutzt, das Serviceteam ausgedünnt, die Besetzung des Infotresens am Eingang deutlich zurückgefahren.

Was das im Alltag bedeutet, malen einem kundige Mitarbeiter in schwarzen Farben aus: Wo man bislang noch stolz darauf war, den klassischen Frontalunterricht immer wieder mal aufbrechen zu können, fehlt künftig schlicht das Personal, um Stühle und Tische zurechtzurücken und Medien von hüben nach drüben zu transportieren. Das trifft vor allem die Kooperationspartner bei Veranstaltungen aller Art.

Ein offenes Haus zu sein, transparent für alle, wie auch schon die gläserne Fassade dokumentiert – dies hatte sich die VHS stets auf die Fahnen geschrieben, doch so viel Offenheit hat auch Nachteile, wie all jene bestätigen können, die in den Waschräumen schon mal Nichtsesshafte bei der Morgentoilette antrafen. Nicht dass die Leute prompt rausgeworfen wurden, aber der Infotresen galt als Regulativ, und längst nicht nur Mitarbeiter sorgen sich, dass ohne die eine oder andere Nachfrage oder Kontrolle am Ende auch ein Sicherheitsproblem entstehen könnte.

Ein schleichender Abbauprozess

Kein Ad hoc-Erlebnis, sondern ein schleichender Abbauprozess, so wie er schon im Kursprogramm auszumachen war: bei der Pädagogik, bei Literatur und Theater, bei den Gesellschaftsspielen sowieso, demnächst vielleicht auch auf dem künstlerischen Feld. Zwar korrigiert das jüngste Sparpapier die Streichung um drei auf „nur“ noch zwei hauptamtliche pädagogische Mitarbeiter, aber wenn 2013 ein Kollege in den Vorruhestand wechselt, ist der Kreis dieser Multiplikatoren auf 13 geschrumpft.

Und mancher fragt sich, warum ausgerechnet in einem personellen Bereich gestutzt wird, der eine enorme Hebelwirkung entfaltet: Jeder hauptamtliche Mitarbeiter betreut im Schnitt rund 3000 Unterrichtsstunden, zum größten Teil werden die Stellen vom Land bezahlt, heißt es. Wo die Stadt also 100.000 Euro spart, fallen nicht nur Kursgebühren sondern zudem auch Arbeitsleistungen in einer Größenordnung von einem Vielfachen dieser Summe weg.

„Zukunft perfekt“? In der Volkshochschule wähnen sich die Mitarbeiter eher in einem "Unperfekthaus", fürchten mit (selbst-)kritischen Äußerungen gegen den Ukas strikter Medienabstinenz zu verstoßen – und freuen sich deshalb über die flammenden Appelle von dritter Seite: vom Förderverein genauso wie von Kooperationspartnern wie Pax Christi oder dem Essener Friedensforum.

„Kein Service wie jeder andere“

Bei allem Verständnis für den Sparkurs der Stadt sieht man dort ausgesprochen kritisch, wie die Arbeit der VHS Zug um Zug ausgehöhlt wird. „Bildung und Weiterbildung für alle, besonders aber für Geringverdiener und Menschen ohne akademische Qualifikation, müssen auf hohem Niveau erhalten bleiben“, fordert Juliane Pilz vom Friedensforum in dem Brief, der auch an alle Ratsfraktionen ging: Bildung für alle sei nun mal „kein Service wie jeder andere“.

Ob die Politik diesem Gedankengang folgt, wird sich in den Etatberatungen zeigen. Derweil schließt die Volkshochschule in diesen Tagen ihre Pläne fürs Frühjahr ab – ohne zu wissen, wie weit der Sparplan Wirklichkeit wird. Der Semester-Titel lässt jedenfalls Spielraum für allerlei Interpretation: Es geht „Mitten ins Herz“.

Aus für die VHS Borbeck

Die Schließung der Borbecker Außenstelle der Volkshochschule soll Mindereinnahmen bei den Entgelten wettmachen. Neben Borbeck gibt es noch ein größeres VHS-Angebot im Kulturforum Steele sowie an mehreren Schulstandorten.