Essen. . Die Wirtschaftsmacht von nebenan will Jugendliche am Wochenende beim zweiten Tag des Handwerks für traditionelle Ausbildungsberufe begeistern. Abiturienten stehen dabei verstärkt im Fokus, Hoffnung macht den Arbeitgebern auch der doppelte Abiturjahrgang 2013.

Selten waren Schulabgänger so begehrt wie heute. Die Angst vor dem vielbeschworenen Fachkräftemangel veranlasst viele Unternehmen zu einem verschärften Umgarnen des Nachwuchses. Auch die Kreishandwerkerschaft Essen wirbt am Samstag beim zweiten Tag des Handwerks um Tischler, Bäcker und Friseure von morgen.

Unter dem Motto „Wir sind Handwerker, wir können das“ werden rund 20 Ausbildungsberufe vorgestellt. In sogenannten offenen Werkstätten können Jugendliche im Haus des Handwerks an der Katzenbruchstraße durch Hören, Sehen und Mitmachen verschiedenste Berufe kennenlernen. „Wir wollen jungen Leuten zeigen, dass Handwerk nicht nur viel Spaß macht, sondern auch eine tolle Perspektive für die weitere berufliche Laufbahn bietet“, so Kreishandwerksmeister Gerd Peters. Auch in diesem Jahr blieben erneut zahlreiche Ausbildungsplätze unbesetzt. Vor allem in den Ernährungsberufen, wie Bäcker oder Fleischer, fehlen schlichtweg die Bewerber.

Waren bisher vor allem Haupt- und Realschüler Kandidaten für Ausbildungsplätze im Handwerk, soll die bundesweite Kampagne nun auch vermehrt um Abiturienten werben. „Schon heute kann man in vielen Berufen neben der Meisterprüfung studieren oder im Anschluss an die Ausbildung in die Selbstständigkeit wechseln“, sagt Peters. Der Slogan einmal Handwerker, immer Handwerker sei längst nicht mehr zeitgemäß. Hoffnung macht den Arbeitgebern auch der doppelte Abiturjahrgang 2013. „Klar hoffen wir, den ein oder anderen dadurch zusätzlich gewinnen zu können“, so Peters.

Goldenen Boden gibt es doch

Dabei ist das Handwerk längst keine reine Männerdomäne mehr. Bereits jetzt wird jede fünfte Meisterprüfung von einer Frau absolviert – Tendenz steigend. Bei Schneidern, Raumausstattern oder Friseuren sind Männer deutlich in der Unterzahl. Im Bundesvergleich sehen sich die Essener Handwerksbetriebe gut aufgestellt. 36.400 Mitarbeiter waren 2011 im Handwerk beschäftigt und erzielten dabei einen Jahresumsatz von rund 3,8 Milliarden Euro. Eine Branche mit Zukunft also. Dennoch stellt Peters klar: „Wir sprechen heute nicht mehr von einer Branchen- sondern vielmehr von einer Firmenkonjunktur. Die einen haben mehr zu tun, die anderen weniger - so ist das nun einmal.“

Gerade in Essen gäbe es allerdings viele Betriebe, die aus Altersgründen in den nächsten Jahren neu besetzt werden müssen. Hier schlummert ein enormes Potenzial für angehende Handwerker. Konkurrenz kommt dabei nicht nur aus anderen Branchen, sondern auch von Bildungsträgern wie etwa dem Berufskolleg.

„Viele Jugendliche denken, sie müssten ihren Schulabschluss krampfhaft irgendwie verbessern und scheitern letztlich“, so Geschäftsführer Jens Kastrup. Dabei entscheide eben nicht nur der Schulabschluss, sondern vielmehr das handwerkliche Geschick über einen Ausbildungsvertrag. Kastrup ist sich sicher: „Wer eine solide handwerkliche Ausbildung in der Tasche hat, wird davon jederzeit seinen Lebensunterhalt bestreiten können.“ Den berüchtigten goldenen Boden gibt es also doch.