Essen. Der furchtbare Verdacht gegen zwei Herzchirurgen des ehemaligen Herzzentrums am Essener Elisabeth-Krankenhaus ist nicht nachzuweisen. Nach zweieinhalb Jahren Ermittlungen stellte die Staatsanwaltschaft Essen das auf den Verdacht des Totschlags lautende Strafverfahren ein, bestätigte Staatsanwältin Birgit Jürgens dieser Zeitung.

Das Herzzentrum, das seit zwei Jahren dem Uniklinikum gehört, hatte 2010 mehrfach negative Schlagzeilen gemacht. Es hatte offenbar jahrelang rote Zahlen geschrieben, weil es keine Kassenzulassung bekam. Allein mit der Operation von herzkranken Privatversicherten ließ es sich aber nicht wirtschaftlich führen.

Schuss in den Ofen

2009 glaubte die Contilia-Gruppe, zu der Herzzentrum und Elisabeth-Krankenhaus damals gehörten, den Durchbruch geschafft zu haben. Sie holte den prominenten Herzchirurgen Reiner Körfer nach Essen, nachdem er in Bad Oeynhausen pensioniert worden war. Mit dem damals 67-Jährigen dürfte die Kassenzulassung nur noch Formsache sein, deuteten Vertreter der Contilia-Gruppe gerne an.

Doch es kam alles anders: Zunächst sah Reiner Körfer sich vor dem Arbeitsgericht Mobbingklagen von Ärzten und Pflegemitarbeitern gegenüber. Sie beklagten sich über seinen rüden Ton, über seine Art, wie er sie vor Patienten abqualifiziert haben soll. Kurz danach erschienen Ärzte und Schwestern bei der Staatsanwaltschaft. Sie beschuldigten zwei Ärzte, die mit Körfer aus Bad Oeynhausen nach Essen gekommen waren, diese hätten schwer kranken Patienten das Kunstherz abgeschaltet und so zum Tode verurteilt, weil die wenigen Krankenbetten gebraucht wurden.

Suche nach Fehlern beginnt

Die Staatsanwaltschaft bekam vom Amtsgericht einen Durchsuchungsbefehl, sicherte Akten im Krankenhaus und leitete im Frühsommer 2010 ein Ermittlungsverfahren gegen zwei Ärzte wegen des Verdachts auf Totschlag ein. Um drei Patienten ging es. Zeitgleich leitete eine andere Abteilung der Staatsanwaltschaft ein Ermittlungsverfahren wegen Betruges zu Lasten von Krankenkassen ein. Betroffen war neben Körfer auch Contilia-Geschäftsführer Heinz Diste.

Der Verdacht in diesem Betrugsverfahren ist, dass Patienten fälschlich zu Notfällen deklariert wurden, damit ihre Operation im privaten Herzzentrum von den gesetzlichen Krankenkassen bezahlt wird. Körfer selbst hatte gesagt, dass in seiner Zeit die Zahl der Herzoperationen von 200 auf 1000 angestiegen sei. Geprüft wird, ob darunter wirklich so viele Notfälle waren. Nach Auskunft von Willi Kassenböhmer, Sprecher der Staatsanwaltschaft Essen, ist dieses Strafverfahren bislang noch nicht abgeschlossen worden.

Frei von Schuld

In den drei Todesfällen steht dagegen fest, dass den beiden Ärzten keine Schuld nachzuweisen ist. In einem Fall sei es darum gegangen, den möglichen Willen des Verstorbenen nachträglich zu ermitteln. Ein neues Urteil des Bundesgerichtshofes habe klargestellt, so Staatsanwältin Birgit Jürgens, dass lebensverlängernde Maßnahmen beendet werden dürfen, wenn dies dem mutmaßlichen Willen des Patienten entspreche und er unheilbar krank sei. Die Ermittlungen, unter anderem die Vernehmung der Angehörigen des 51-Jährigen in Holland, hätten ergeben, dass das Abschalten des Kunstherzens wohl seinem Willen entsprochen hätte. In den anderen Fällen sollen die Patienten bereits tot gewesen sein, als die Kunstherzen abgeschaltet wurden. „Diese Darstellung konnte nicht widerlegt werden“, sagte die Staatsanwältin.