Essen. Mitten im Ruhrgebiet liegt ein Gebirge, das es vor einigen Jahrzehnten noch gar nicht gab: Die Halden und Deponien mit den Abfällen der Montanindustrie bilden mittlerweile eine beachtliche Bergwelt. Ein Ausflug zur Schurenbachhalde in Essen.
Eine Zeche namens Schurenbach hat es nie gegeben. Aber da war mal ein Gewässer, das diesen Namen trug. Auf Stadtplänen aus den 1950er Jahren ist der Schurenbach noch gut zu erkennen. Exakt dort, wo jetzt die Halde liegt, die den Namen des Baches trägt. Entstanden ist der Berg auf der Stadtgrenze zu Gelsenkirchen erst in den 1970er und 1980er Jahren, zuerst aus Waschbergen der benachbarten Zeche Fritz-Heinrich, später dann mit Bergematerial der Verbundzeche Nordstern/ Zollverein.
Die schnell wachsende Halde hat nicht nur den Schurenbach unter sich begraben, sondern auch einen Sportplatz und Teile einer Siedlung. Eingeklemmt zwischen A 42 und Rhein-Herne-Kanal, hat sich die Schurenbachhalde so breit gemacht wie möglich: Mehr als 500 Meter in der Breite; bei einer Länge von ziemlich exakt einem Kilometer ergibt das eine Fläche von über 50 ha.
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Bramme wurde in Frankreich hergestellt
Damit spielt die Schurenbachhalde in der Liga der Großen. Und hat natürlich oben erstens einen kahlen Buckel und zweitens Kunst darauf. Die Kunst ist so minimalistisch wie die Halde: Richard Serra, amerikanischer Bildhauer mit einem Faible für wetterfesten Stahl, hat für die Schurenbachhalde eine Platte erdacht, die scheinbar einfach oben senkrecht in der Halde steckt.
Was natürlich nicht stimmt, denn „einfach so“ steckt die 14,5 Meter hohe, 4,2 Meter breite und knapp 14 cm dicke Platte natürlich nicht im Rücken der Halde. Sondern exakt ausgerichtet (Ost-West) mit einer kaum sicht- aber messbaren Neigung von 3° nach Süden. „Bramme (für das Ruhrgebiet)“ hat Richard Serra seine Plastik benannt, die einen unübersehbaren Bezug auf die industrielle Vergangenheit und Gegenwart des Ruhrgebiets nimmt.
Unangenehm nur, dass die Bramme in Frankreich hergestellt werden musste, da ein solcher Brocken im Ruhrgebiet 1998 nicht mehr gewalzt werden konnte. Um die Bramme richtig in Szene zu setzen, wurde auf eine Begrünung des Haldenplateaus verzichtet. Die elliptische Ebene wirkt wie eine Mondlandschaft – und soll auch in Zukunft nicht gemütlich werden.
Beeindruckender Rundumblick von der Schurenbachhalde
Die Flanken der Halde sind allerdings begrünt und mit Wanderwegen versehen, die auf verschiedenen Niveaus um die Halde herumführen. Und im nordöstlichen Bereich gibt sich die Schurenbachhalde dann doch noch anheimelnd. Ein kleiner See und Feuchtbiotope bilden einen angenehmen Kontrast zu dem grauen Gestein rund um die Bramme.
Wer auf die Halde will, darf sich zunächst über einen asphaltierten Weg freuen, der aber schon bald in groben Schotter übergeht. Hier sollten nur Könner mit dem Fahrrad weiterfahren. Die trifft man auch ganz oben, denn die Halde ist bei Offroad-Spezialisten und Montainbikern recht beliebt.
Gute Windbedingungen
Wer zu Fuß unterwegs ist, freut sich über die Rundwege des Sauerländischen Gebirgsvereins, auf denen die ganze Halde umwandert werden kann. Auch eine Treppe mit direktem Weg nach oben gibt es für die ganz fitten Besucher.
Der Rundumblick von der Halde ist beeindruckend – allerdings lädt wenig zu einem längeren Aufenthalt auf dem Gipfelplateau ein. Wenn man nicht gerade Drachen steigen lassen möchte, denn die haben hier allseits gute Windbedingungen. Ein großer Nachteil der Halde ist ihre Lage, direkt neben der A 42. Selbst wenn man die Autobahn nicht sieht: Akustisch ist sie (fast) allgegenwärtig.