Essen. Der Christopher-Street-Day ist am Freitag mit einem ökumenischen Gottesdienst gestartet – doch die katholische Kirche bleibt auf Distanz zu der Homosexuellen-Parade.
Wenn der Christopher-Street-Day (CSD) an diesem Samstag, 4. August, durch die Innenstadt zieht, ist das längst kein Aufreger mehr: Familien werden kommen und gucken, Parteien sind mit Info-Ständen vor Ort. Es ist ein Geschäft auf Gegenseitigkeit: Mancher Politiker erhofft sich von einem Auftritt bei dem freizügigen Umzug wohl auch einen Zuwachs an Weltoffenheit und Coolness. Und die Verbände von Schwulen, Lesben und Transsexuellen freuen sich über die wachsende gesellschaftliche Anerkennung. „Akzeptanz, Gleichberechtigung und Respekt. Jetzt!“, heißt das Motto der Parade – und dazu gehört für die Veranstalter auch der Segen der Kirche.
Keine Berührungsängste
Darum war dem CSD am Freitag ein ökumenischer Gottesdienst in der evangelischen Marktkirche vorgeschaltet, gestaltet von einem Pfarrer der alt-katholischen Kirche, die nicht dem Vatikan untersteht. Getragen von Aidshilfe, Evangelischer Beratungsstelle für Familie – sowie von der Aidsberatung der Caritas. Letztere ist bekanntlich eine katholische Einrichtung, die zum Ruhrbistum gehört. So folgert Dietrich Dettmann vom Verein „Essen Andersrum“: „Wir haben den Segen des Bischofs.“
Gemeint ist Franz-Josef Overbeck, der im April 2010 eine heftige Debatte auslöste, als er in der Talksendung von Anne Will erklärte, Homosexualität sei Sünde. Das verhalf ihm zu bundesweiten Schlagzeilen und dem Ruf eines ebenso unbeirrbaren wie konservativen Kirchenoberen. Der Bischof stellte sich der Diskussion etwa in einem Domgespräch und bat später schwule und lesbische Lobbyisten zum Gedankenaustausch bat. Er hörte sich Argumente wie Anfeindungen an – und wich keinen Millimeter von seiner Position.
Wir helfen auch Geschiedenen
Dass der Christopher-Street-Day oder der dazugehörige Gottesdienst mit seinem Segen stattfinden sollten, wäre also eine kleine Sensation. Nur hat der Begriff Segen für Dietrich Dettmann wohl eine andere Bedeutung als für Franz-Josef Overbeck. Winfried Dollhausen von der bischöflichen Pressestelle jedenfalls sagt: „Es gab keine Anfrage ans Bistum oder ans Generalvikariat zum Christopher-Street-Day. Aber wir distanzieren uns auch nicht offiziell von der Veranstaltung.“ Vertreten sei das Bistum nur durch die Caritas.
„Die Caritas ist als beratende und helfende Einrichtung auf dem Christopher-Street-Day. Sie macht mit ihrer Aids-Beratung ja ein Hilfsangebot, das sich auch an Homosexuelle wendet“, sagt Dollhausen. Das sei schlicht katholisches Glaubensgut: „Wir pflegen in unseren Krankenhäusern auch Geschiedene. Wer Hilfe braucht, bekommt sie in den christlichen Kirchen unabhängig von Herkunft, Rasse und Religion.“ Unabhängig auch von sexueller Ausrichtung, sei ergänzt.
„Der Bischof knickt nicht ein“
Als politisches Signal des Bistums dürfe man die CSD-Teilnahme der Caritas nicht werten. „Für inhaltliche Positionen der Kirche ist nicht die Caritas zuständig. Über die Bewertung von Homosexualität entscheidet auch nicht Bischof Overbeck, sondern Rom.“ Freilich sei der Bischof ganz auf Vatikan-Linie: „Er knickt da nicht ein.“ Overbeck werde sich jedoch weiter dem Dialog stellen, er erkenne an, dass die gesellschaftliche Realität eine andere sei als die kirchliche Lehrmeinung.
Die Caritas selbst übrigens sieht ihren CSD-Auftritt anders als der Bischof durchaus als Signal gegen die Diskriminierung von Homosexuellen: „Der Gottesdienst will Mut machen, Vielfalt in Kirche und Gesellschaft zu leben.“ Solche Aussagen dürften in der katholischen Kirche noch für Zündstoff sorgen.
Der Sprecher der evangelischen Kirchenkreises, Stefan Koppelmann gibt dem CSD dagegen gern seinen Segen: Wir haben da keinerlei Berührungsängste.“
Politische Parade und Unterhaltung
Am Samstag startet der Christopher-Street-Day um 12.30 Uhr am Willy-Brandt-Platz mit der „Kumpelparade“.
Die Parade unter dem Motto „Akzeptanz, Gleichberechtigung und Respekt. Jetzt!“ endet an der Bühne auf dem Kennedyplatz.
Es folgt ein Bühnen- und Begleitprogramm (auch in den Filmkunsttheatern). Oberbürgermeister Paß spricht um 18 Uhr.