Essen / London. Mit Olympia kennt er sich aus: Erfolgs-Schwimmer Christian Keller aus Essen-Kettwig ist schließlich selbst Medaillenträger. Jetzt wird der Ex-Weltklassesportler wieder im Fernsehen zu sehen sein. Für das ZDF berichtet der 39-Jährige live aus London. Wie es dazu kam.

Eigentlich hat Christian Keller Urlaub von seinem Job als Banker. Doch er arbeitet trotzdem: Fürs ZDF moderiert der Kettwiger live von den XXX. Olympischen Spielen.

Mit Olympischen Spielen kennt sich Christian Keller ziemlich gut aus. In Atlanta erschwamm er sich 1996 die Bronzemedaille; ‘92 in Barcelona, 2000 in Sydney und 2004 in Athen trat er ebenso für Deutschland an, jedoch ohne Medaillenglück. 2008 in Peking war er dann wieder dabei, in anderer Funktion – als ausgewiesener Schwimm-Experte und Moderator vor den Fernsehkameras.

Und genau dorthin kehrt der Ex-Weltklassesportler nun zurück, „auf die Mattscheiben von erwartet gut zwölf Millionen Haushalten“, wie der 39-jährige Kettwiger gerade zu ehrfurchtsvoll betont. Denn es wird nicht irgendein Moderati­onsjob sein, in einer kleinen zugigen Sprecherkabine irgendwo am Themse-Ufer in London: Christian Keller wird die Eröffnung der XXX. Olympische Spiele live im Fernsehen moderieren. Fürs ZDF steht er ab Freitag als Co-Moderator vor der Kamera. Wie es dazu kam, erzählte Keller der NRZ.

Zum Geburtstag an die Themse

Geplant war der Besuch bei den Spielen lange, den Urlaub von seinem Job in der Rüttenscheider Fili­ale der privaten Berliner Handels- und Frankfurter Bank (BHF) hatte er früh eingereicht. Dort schimpft er sich Vize-Direktor „Private Wealth Management“, was der gebürtige Werdener kess als „ganzheitliche Betreuung vermögender Privat- und institutionellen Kunden“ übersetzt. Das habe er schließlich gelernt, bei der Deutschen Bank wohlgemerkt. Und bei seinem Ex-Trainer, der ihm die duale Karriere, eine „gute Ausbildung“ neben dem Profisport, ans Herz legte.

Heute nun geht sein Flieger aufs Eiland; allerdings ohne die Familie. „Meine Frau ist Schwanger, Ende Oktober kommt unser zweites Kind zur Welt“, sagt Keller. Seinen 40. Geburtstag am 3. August muss er daher wohl ohne Frau und Kind feiern. Dafür ist ihm die Aufmerksamkeit der ZDF-Zuschauer gewiss, denn Keller moderiert an seinem Ehrentag – vom Beckenrand des Londoner Schwimmstadions.

Moderator im Wettkampf-Dschungel

Seit 2005, als er seine Profibadehose gegen die Shorts von der Stange tauschte, taucht Christian Keller als Experte im Fernsehen auf. Etwa 2006 bei der Schwimm-EM in Budapest oder 2007 in Montreal. Immer ist er vor Ort und hilft seinem deutschen Publikum, sich im Wettkampf-Dschungel der Schwimmer zurecht zu finden. „Egal ob nur einer oder mehrere Millionen zuschauen, ich gebe immer mein Bestes, um den Zuschauern das Ereignis näher zu bringen“, fasst er seinen Job zusammen.

Es ist zwei Wochen her, da meldete sich Anke Scholten, Olympia-Programmchefin beim Zweiten, an seinem Telefon. Man habe mehrere Optionen, er sei eine davon, machte ihm die Medienfrau klar. „Es hätte ebenfalls ein Politiker, ein Schauspieler oder ein Auslandsjournalist sein können, der die Co-Moderati­on macht“, erinnert sich Keller. Ein zweiter Anruf brachte die Gewissheit: Er hat den Job. „Es ist eine große Ehre, eine Freude und macht mich stolz, dass mich der Sender außerhalb meines Metier für die Eröffnung einspannt“, sagt Keller. Das Vertrauen in seine Kompetenz sei „ein Ritterschlag und eine Anerkennung meiner soliden Arbeit“.

Foto: privat
Foto: privat

Doch so sehr sich der Herzblut-Essener auf die Spiele in London freut, ein wenig Trauer ist noch immer vorhanden. Denn es hätte seine Heimatregion sein können, die 2012 Gastgeber der Olympiade ist. Dafür hat Keller in seiner aktiven Zeit vor zehn Jahren die Bewerbungsfahne auf dem Willy-Brandt-Platz geschwenkt. Vergebens, wie wir wissen. Und so bekam London den Zuschlag. Keller: „Ich versuch’ die Enttäuschung zu verar­beiten, indem ich jüngst beim Triathlon in Düsseldorf mitgemacht und meinen Titel verteidigt habe; dort sollte eigentlich unsere Olympiastrecke sein.“ Der Olympionike von einst beklagt, dass Leipzig im innerdeutschen Duell gewonnen habe. Und das „aus rein politischen Gründen“. Doch alles Trauern nützt da nichts. Jetzt gilt es, die Phelps und Biedermanns, die Stars von heute, in London im Auge zu behalten.

20 Kilo Gepäck darf er mitnehmen. „Natürlich hab’ ich auch meine Badehose eingepackt; die ist immer mit dabei“, sagt Keller, der sich neben seinem Bankjob als zweiter Vorsitzender beim Rüttenscheider „Sport- und Tanzinternat“ für den olympischen Nachwuchs einsetzt. Dort macht Keller den Sportlern klar: „Es ist nicht alles Gold, was zählt. Im Wettkampf stehen persönliche Bestleistungen im Vordergrund.“ Auch das wolle er dem Millionenpublikum vermitteln.

Christian Kellers sportliche Erfolge

Foto: privat
Foto: privat

Früh zeigte Christian Keller, Jahrgang 1972, sportliches Talent: Für die Startgemeinschaft Essen, der lokale Verbund der Schwimmabteilungen von 13 Sport- und Schwimmvereinen, trat er 1988 an und wurde Junioreneuropameister über 200 Meter Schmetterling. 1989 holte er den Juniorentitel über 200 Meter Freistil und 200 Meter Lagen. 1991 gewann Keller seine ersten Meistertitel in der Erwachsenenklasse. Insgesamt holte Keller von 1991 bis 2004 35 Meistertitel, davon neun auf der 200-Meter-Lagenstrecke und fünf über 100 Meter Schmetterling.