Essen.. Das Essener Jugendamt sucht dringend engagierte Pflegeeltern, die den Kindern ein sicheres Zuhause bieten. Die Koslaks etwa nahmen Pflegekind Anna im Alter von acht Wochen bei sich auf. Erst seitdem sei ihre Familie komplett, sagen sie.

Anna* ist ein glückliches Kind. Ausgelassen rennt die knapp Vierjährige beim Grillfest für Pflegeeltern über den Spielplatz am Emil-Frick-Haus, gefolgt von ihrem großen Bruder Niclas. Nur Minuten später stopft sie sich mit der linken Hand die Bratwurst in den Mund und hält mit der rechten ihre Mutter fest. „Sie ist süchtig nach Mama“, sagt Niclas und grinst.

„Als wir Anna das erste Mal gesehen haben, hatten wir sofort das Gefühl, dass sie zu uns gehört“, erzählt Stefanie Koslak (41). Acht Wochen war Anna alt, als sie zu ihrer Pflegefamilie kam. Ihre leiblichen Eltern waren aufgrund psychischer Erkrankung überfordert, konnten sich nicht um den Säugling kümmern. Schnell griff der Pflegekinderdienst des Jugendamtes ein und brachte das kleine Mädchen zu den Koslaks.

Jugendamt begleitet Familien

Das Essener Ehepaar hatte sich nach der Adoption ihres Sohnes lange ein zweites Kind gewünscht. „Für eine weitere Adoption kamen wir nicht in Frage, weil wir bereits ein Kind hatten. Also haben wir uns für ein Pflegekind entschieden“, sagt Michael Koslak (39). Ein halbes Jahr später war Anna da.

„Zukünftige Pflegeeltern werden von uns gut vorbereitet“, erklärt Christiane Schroten vom Jugendamt. Wochenendseminare und Einzelgespräche besuchten die Koslaks im Vorfeld. Dabei wurden Eignung und Motivation überprüft, aber auch das Gesamtkonzept des Pflegekinderdienstes erklärt. Regelmäßige Hausbesuche, Austausch mit anderen Pflegeeltern, Fortbildungen und Hilfestellungen in allen schwierigen Situationen gehören dazu. „Das ist ganz wichtig für zukünftige Pflegeeltern: Wir lassen sie nicht allein“, so Schroten.

Natürlich ist es eine Umstellung, wenn ein fremdes Kind in eine Familie kommt. Es bringt seine eigene Geschichte mit - und oft seine leiblichen Eltern. Nicht in allen Fällen bricht der Kontakt zu ihnen ab oder wird rechtlich untersagt. Auch Annas Eltern trafen sich bis vor einem Jahr gelegentlich „auf neutralem Terrain“ und begleitet vom Jugendamt mit ihrer Tochter und den Pflegeeltern. „Das sind ganz liebe Leute, die nur das Beste für ihr Kind wollen und froh sind, dass Anna sich so gut entwickelt,“ sagt Stefanie Koslak.

„Wir brauchen dringend mehr Familien wie die Koslaks“

Anna sei gesund und nicht traumatisiert, ,„dafür danken wir dem lieben Gott jeden Tag“. Mit Temperament und Charme hat sie die ganze Familie becirct. „Sie ist unser Sonnenschein.“ Das Glück der Koslaks wird nur getrübt, wenn der Gedanke auftaucht, das Kind müsste irgendwann zu den leiblichen Eltern zurück. „Das ist zwar sehr unwahrscheinlich, wie das Jugendamt versichert, aber die Vorstellung können wir nicht völlig verdrängen.“

„Wir brauchen dringend mehr Familien wie die Koslaks“, sagt Christiane Schroten, „die eine positive Lebenseinstellung haben und einem Kind ein sicheres Zuhause bieten können.“ Derzeit, so die diplomierte Sozialarbeiterin, warten 20 Kinder unter acht Jahren in Essener Heimen auf eine Dauer-Pflegestelle, „das sind 20 zu viel“.

Ähnlich sieht es bei der Bereitschaftspflege aus. Es fehlen Eltern, die bereit sind, Kinder kurzfristig aufzunehmen, weil sie akut aus einer Familie herausgenommen werden müssen. „Sicherlich eine schwierige Aufgabe, die von uns besonders intensiv begleitet wird.“ Denn nach einiger Zeit kommen die Kinder wieder zurück zu den leiblichen Eltern – oder zu Dauerpflegeeltern wie den Koslaks. Michael Simowski hat viele solcher Abschiede erlebt; er ist seit Jahren Bereitschaftsvater: „Jetzt bin ich auf das Grillfest gekommen ist, um zu sehen, wie sich meine Kinder entwickelt haben.“

*Name von der Redaktion geändert