Essen.. Für Lena Schrepper ist das letzte Punktspiel im alten Stadion das erste an der Hafenstraße überhaupt, und wer weiß, vielleicht diktiert sie in 30 Jahren mal jemandem in den Block, wie ihr Vater sie damals, anno 2012, das RWE-Fandasein lehrte. Erinnerungen an die Hafenstraße und an das alte Stadion sammelte die NRZ beim letzten Pflichtspiel.
Er war zwölf, als ihn sein Vater, ein Polizeibeamter, zum ersten Spiel an die Hafenstraße mitnahm, und damit der kleine Hans-Peter mehr vom Spiel mitbekam, stellte der sich auf eine leere Bierkiste. Danach ging’s in eine der beiden Kneipen links oder rechts der Bergeborbecker Wache, je nachdem – „nach links, wenn die Jungs schlecht, nach rechts wenn sie gut gespielt hatten“. 45 Jahre ist das jetzt her, und Hans-Peter Schöneweiß ist nicht nur beruflich in die Fußstapfen seines Vaters getreten, sondern auch, was die Vorliebe für RWE angeht: Der Chef der FDP-Fraktion im Rat war in den 1970ern sogar Mitglied, verließ den Verein, weil ihn die Misswirtschaft dort ärgerte, und kehrte in den 1990ern zurück. Das Abschiedsbier aufs alte Stadion trank er am Wochenende im VIP-Zelt, die alten Kneipen sind längst dicht. So ändern sich die Zeiten.
„Einfach ist es nicht“, sagt Walter Knippschild, und lässt den Blick noch ein letztes Mal im alten Stadionrund schweifen. Vier Jahrzehnte zählt sich der einstige Chef der Grugahalle nun schon zu den treusten RWE-Fans, einer, der die Geburt seines Sohnes mit Rot-Weiss-Fahnen im Krankenhaus würdigen wollte und seiner Frau Marianne „drohte“, einer Tochter würde er einen roten und einen weißen Zopf färben. Geboren wurde Sohn Markus, und der ist vom RWE-Bazillus ebenso befallen wie Knippschild, der noch heute glänzende Augen bekommt, wenn er an seinen Einsatz auf heiligem RWE-Rasen bei einem Promi-Spiel denkt: Horst Hrubesch und Frank Kurth waren dabei wie er ein Tor schoss. Walter vor, noch ein…
Für Lena Schrepper ist das letzte Punktspiel im alten Stadion das erste an der Hafenstraße überhaupt, und wer weiß, vielleicht diktiert sie in 30 Jahren mal jemandem in den Block, wie ihr Vater sie damals, anno 2012, das RWE-Fandasein lehrte. Für den theoretischen Unterbau ist dabei gesorgt, denn Georg Schrepper ist nicht nur Oberstudienrat am Don-Bosco Gymnasium, sondern auch Mitautor zweier Bücher über die Geschichte von Verein und Stadion. „Ein wenig schwermütig“ fühlt er sich vor dem Umzug und bei den vielen Blicken zurück, aber das mag auch daran liegen, dass er 1975 hier seine ersten Spiele sah. Und da war Rot-Weiss Essen erstklassig.
Nein, er wird sich kein Schild abschrauben, von der Ruine kein Bröckchen Beton für die Wohnzimmer-Vitrine sichern. Denn bei aller Rührseligkeit für ein Stadion, in dem er 1957als Siebenjähriger noch Helmut Rahn hat spielen sehen – Christian Hülsmann ist am Ende doch vor allem anderen froh, dass es zu diesen Abschied von einer Stadionlegende gekommen ist. „Bei mir überwiegt die Vorfreude.“ Kein Wunder, der einstige Büroleiter von CDU-Oberbürgermeister Wolfgang Reiniger und Stadtdirektor hat das Projekt eines Neubaus schon „mehr als einmal im Keller liegen sehen“, das ist er am Ende auch ein gutes Stück „stolz darauf, dass wir das letztlich doch noch hinbekommen haben“.
Was tut man nicht alles, um Rot-Weiss Essen anzufeuern und ein eindrucksvolles Abschiedsbild aus dem alten Stadion zu liefern: Thomas Kufen, frisch gewählter CDU-Landtagsabgeordneter und Chef des von den Christdemokraten angeführten Viererbündnisses im Rat, musste sich am Samstag jedenfalls fühlen wie beim XXVI. Parteitag der KPdSU, als die RWE-Ultras zum kollektiven Fahnenfoto baten. Kufen saß in Block A und sah sich darum genötigt, wie alle um ihn herum, revoluzzergleich die rote Fahne zu schwenken – was wiederum die Pressesprecherin der Stadt, Nicole Mause, und Andre Seibert aus dem OB-Büro lachend quittierten. Wenn das die Merkel erfährt…