Essen.. Due Super-Wahlwochen haben auch Unternehmer und Politiker beim Stammtisch „Reden mit Essen“ beschäftigt. Dabei macht die viel beschworene Eurokrise den Mittelständlern kaum zu schaffen. Von der neuen Landesregierung wünschen sie sich vor allem eine bessere Qualifizierung für den Nachwuchs.

Wer die Qual hat, hat die Wahl - so lässt sich das Sprichwort für die europäischen Nachbarn in Frankreich und die unter dem Spardiktat leidenden Griechen wohl am ehesten abwandeln. Während die Angst um den Euro beinahe täglich durch den druck-geschwärzten Blätterwald huscht, bleiben Unternehmer in Essen vor allem eines: gelassen. Dem Mittelstand geht es gut und Griechenland ist ja auch ganz schön weit weg. Dieser Eindruck drängt sich zumindest am Dienstagabend beim regelmäßigen Stammtisch „Reden mit Essen“ im Colosseum auf.

„Das ist überhaupt kein Thema. Ich exportiere nach Österreich und in die Schweiz. Meine Kontakte zählen, von der Euro-Krise merke ich nichts“, sagt etwa Stahlhändler Dirk Haarmann und Antworten wie diese sind diese sind die Regel. Stefan Lukai, Verhinderungsvertreter des Vorstands und Leiter des Bereichs Firmenkunden bei der Sparkasse Essen, bestätigt diese Lage: „Griechenland hat eine vergleichsweise kleine Volkswirtschaft. Wir haben interessehalber nachgeforscht, welche unserer Kunden dort Anleger sind. Kaum jemand ist davon betroffen.“

Unmittelbarer sind da schon die Auswirkungen der Landtagswahl am Wochenende. Lukai weiß, wo den Firmen der Schuh drückt. Vor allem in puncto Nachwuchs machten sich die Essener Unternehmen Sorgen. Der Markt qualifizierter Bewerber sei praktisch leer gefegt, insbesondere in technischen Branchen wie dem Ingenieurswesen. „Viele Unternehmen werben mittlerweile schon in den Abiturklassen um Nachwuchs. Die künftige Landesregierung muss das Thema Bildung stärker fokussieren“, fordert Lukai.

Ent-Bürokratisierung gefordert

Damit spricht er auch Manfred Böhlcke, Prokurist der Clemens Kleine GmbH, einem Dienstleister im Facility-Management, aus der Seele. „Im Angestelltenbereich wird es immer schwieriger, geeignetes Personal zu finden“, sagt er. Als Ergebnis der Landtagswahl würde er sich aber viel eher eine Ent-Bürokratisierung wünschen. „Das Bestreben nach immer mehr Sicherheit ist für uns eine große Arbeitsbelastung. Wir dokumentieren die Dokumentation, das ist kompliziert und aufwändig“, sagt Böhlcke.

Essens Kämmerer Lars-Martin Klieve mag zu den möglichen Auswirkungen der Landtagswahlen auf die Stadtkasse nichts sagen. Da sitzt er als CDU-Mitglied und städtischer Beamter zu sehr zwischen den Stühlen. Bei den Wahlen in Frankreich und Griechenland aber hat er genau hingeschaut. „Wir haben bislang von der gemeinsamen Währung profitiert - vor allem wegen des sensationell niedrigen Zinsniveaus, weil die Europäische Zentralbank den Markt immer wieder mit Liquidität flutet“, sagt Klieve. Und Sozialist Hollande? „Der wird auch in der Wirklichkeit ankommen“, ist Klieve fest überzeugt.

Linke, FDP und Grüne feiern nicht im Rathaus

Apropos Wahl: Schon vor dem Urnengang am Sonntag bilden Linke, Liberale und Grüne eine ungewohnte Ampel-Koalition. Anders als SPD und CDU werden sie ihre Wahlparty nicht im Rathaus feiern. 750 Euro Miete für einen fensterlosen Raum seien einfach zu teuer, heißt es. „Das Geld können wir uns sparen.“ Zumal das städtische Wahlamt brandheiße Wahlergebnisse ins Internet stellt. Während die Grünen in ihre Parteizentrale am Kopstadtplatz ausweichen, fördern Linke und FDP die heimische Wirtschaft. Die Linkspartei trifft sich zur Wahlparty im „Panoptikum“ an der Gerling­straße, die Liberalen fiebern um 18 Uhr im „Bliss“ an der Girardetstraße um den Wiedereinzug in den Landtag.