Essen.. Bei den Alfried Krupp-Schülerstipendien für Betriebspraktika im Ausland arbeiten die Stiftung und die Essener Wirtschaftsförderungsgesellschaft eng zusammen. 49 Schüler aus Essen treten bald ein vierwöchiges Betriebspraktikum im Ausland an.
Es gibt Einladungen, die kommen einem nur einmal im Leben per Post ins Haus, etwa die zum Plausch bei Tee und Gebäck im prachtvollen Ambiente der Villa Hügel. Ein Essener würde sie vermutlich niemals ausschlagen, vor allem nicht, wenn der Kuratoriumsvorsitzende der Alfried Krupp von Bohlen und Halbach-Stiftung sich die Ehre gibt. Und so ist die Anspannung der 49 Schüler, die im lichtdurchfluteten Gartensaal der rund 8100 Quadratmeter großen Villa über dem Ruhrtal auf Berthold Beitz warten, nachvollziehbar.
Wie er wohl sei und was er für Fragen stellen mag, fragen sich die Schüler, während sie die riesigen Spiegel und Wandteppiche im Saal bewundern. Die jungen Leute haben sich in Schale geworfen, die Frauen in schicke Kostüme, die Männer in Anzüge, um den Herren zu treffen, der ihnen ein vierwöchiges Betriebspraktikum im Ausland ermöglicht hat. Doch er soll nicht pünktlich zum Tee kommen, „das erste Mal, seitdem es die Schülerstipendien gibt“, meint einer der Gäste.
„Herr Beitz bedauert sehr, heute leider nicht bei Ihnen sein zu können“, bittet wenig später ein Vertreter der Stiftung um Verzeihung, versäumt es aber nicht, „herzliche Grüße“ auszurichten. Nicht nur die Schüler wirken enttäuscht, ihren Förderer nicht persönlich zu treffen. Dietmar Düdden, Geschäftsführer der Essener Wirtschaftsförderungsgesellschaft (EWG), hätte sich gefreut, mit ihm übers deutschlandweit einmalige Programm ins Gespräch zu kommen, das in diesem Jahr stolze 15 Jahre besteht. Und jüngst um weitere fünf Jahre verlängert wurde (die NRZ berichtete). „Es ist wichtig, jungen Menschen die Chance zu geben, Erfahrungen im Ausland zu sammeln“, sagt auch Hans-Joachim Maurer, Hauptgeschäftsführer der AHK Debelux in Brüssel, der seit Jahren das Programm mit Praktikaplätzen fördert. Europa, Vietnam, Russland, China und die Philippinen – Dietmar Düdden und seine Mitarbeiter bringen die Schüler der Klassen neun und elf überall auf der Welt unter. Denn die EWG plant und realisiert die Stipendien für die Krupp-Stiftung. Düdden: „Man muss als junger Mensch lernen, nicht zu vergleichen, sondern die Andersartigkeiten zu akzeptieren und verstehen zu wollen.“ Beim Auslandsaufenthalt würden die Schüler dies begreifen. „Im Rahmen der Globalisierung ist die Auseinandersetzung mit verschiedenen Kulturen eine Grundvoraussetzung, um überhaupt erfolgreich abreiten zu können“, so Düdden.
Den Horizont erweitern
Sich darauf einzulassen, den eigenen Horizont zu erweitern und fremde Kulturen kennenzulernen, sei wichtig, um in der globalen Gesellschaft voran zu kommen. Düdden interessiert sich vor allem für jene Schülergruppe, die Essens finnischer Partnerstadt Tampere einen Arbeitsbesuch abgestattet hat. „Ich bin erstaunt, welchen Stellenwert Deutsch dort hat“, sagt der EWG-Chef nach dem Gespräch mit den Schülern. Das habe sie beeindruck; es sei ihnen im Gedächtnis geblieben. Düdden macht deutlich: „Dieses Programm ist ein gutes Investment in die Zukunft, unsere Jugend.“
So sind einige Schüler zum ersten Mal alleine von zu Hause weg, untergebracht bei einer fremden Familie. In südlichen Gefilden unterwegs war Léa Falleguerho. Sie hat im Kurhotel „Mar y Sol Los Christianos“ auf Teneriffa gearbeitet, an der Rezeption, im Restaurant und in der Therapie. „Wir hatten oft Gäste mit Behinderungen, mit denen ich Sport gemacht habe“, erzählt die 15-Jährige von der Realschule Überruhr. Mit ihnen zu arbeiten habe ihr viel Spaß gemacht, „daher will ich versuchen, beruflich im Behindertensport Fuß zu fassen.“ Das freut die beiden Stiftungs-Vorstände Ralf Nentwig und Volker Troche, die Berthold Beitz vertreten. Denn genau darum gehe es schließlich im Programm – den Berufsalltag kennenlernen und womöglich dabei den Traumberuf finden. Infos zu den Schülerstipendien gibt’s auf: www.schulen-und-wirtschaft.de .