Essen. . Der Soziale Wohnungsbau ist eine Erfolgsstory, denn er hat sich nahezu selbst überflüssig gemacht – auch in Essen. Das Amtes für Stadterneuerung und Bodenmanagement hat sogar Mühe, die 21 Millionen Euro Fördergelder für den Wohnungsbau an Investoren zu bringen.

Sozial ist, was bezahlbaren Wohnraum schafft – auf diese Formel ließe sich der öffentlich geförderte Wohnungsbau nach dem Zweiten Weltkrieg bringen. Vor fast 70 Jahren herrschte in Deutschland vor allem eins: Wohnungsknappheit. Und deshalb musste es vor allem schnell gehen. Es war die Zeit der groß aufgelegten Wohnungsbauprogramme. Dabei wurde so groß gedacht, gehandelt und gebaut, dass dabei so manche Sünde aus Beton und mindestens zwölf Stockwerken herauskam.

Doch der Soziale Wohnungsbau ist besser als sein Ruf. Auch in Essen hat er nicht nur schnell für viele und günstige Wohnungen gesorgt, sogar auch Standards gesetzt. Anlagen aus den späten 1960er und frühen 1970er Jahren, wie sie etwa in Hörsterfeld und Bergmannsfeld stehen, waren sehr beliebt bei jungen Familien. Denn die Geldgeber, die öffentliche Mittel für ihre Mietshäuser in Anspruch nehmen wollten, mussten Minimalanforderung erfüllen, etwa Bäder mit eigenen Fenstern bauen.

Von der Wohnungs- zur Wohnungsmarktpolitik

Von Wohnungsnot ist nur noch in wachsenden Großstädten wie Hamburg und München die Rede. Den Wohnungsmarkt gibt es nicht, überregionale Aussagen haben rasant an Wert verloren. In schrumpfenden Städten wie Essen herrschen Wohnungsmangel (Bredeney, Kettwig, Holsterhausen) und Leerstand (Norden, alles was nahe der A40 liegt) zugleich. Trotzdem ließe sich der Versuch unternehmen, auch das Uneinheitliche in eine Formel zu packen. Denn auf Bundes-, Länder- und kommunaler Ebene folgen mittlerweile alle Instrumente, die Menschen zu günstigem Wohnraum verhelfen wollen, einer Logik: der des Marktes.

Das wird bereits daran sichtbar, dass spätestens seit Ende der 1990er nicht mehr von der Wohnungs-, sondern nur noch von der Wohnungsmarktpolitik die Rede ist. Es herrscht die dominierende Meinung, dass die Märkte im Wohnungssektor funktionieren. Nur wer ökonomisch zu schwach für diese ist, dem wird noch geholfen, etwa über das Wohngeld oder den Wohngeldzuschuss. Weil außerdem die Ideologien verschwunden sind, nach denen das „Eigenheim als Bollwerk gegen den Kommunismus“ (Konrad Adenauer) diene, wird seit 2006 auch die Eigenheimzulage nicht mehr gewährt. Und was ist mit dem Sozialen Wohnungsbau?

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„Die Luft ist raus“, sagt Hans-Ulrich Uehlecke, Leiter des Amtes für Stadterneuerung und Bodenmanagement. So sehr, dass seine Behörde Mühe hat, die 21 Millionen Euro, die Essen als Fördergelder vom Land NRW für den Wohnungsbau überwiesen bekommen hat, an Investoren zu bringen.

Stabile Mieten

Streng genommen eine gute Nachricht. Der Essener Wohnungsmarkt gilt trotz seines Nord-Süd-Gefälles als in Takt. Das heißt: Alle Bevölkerungsschichten können sich mit passendem Wohnraum versorgen. Auch die Mieten bleiben recht stabil. Wenn städtisches Handeln überhaupt noch als notwendig erachtet wird, dann, wenn es um Wohnraumqualität geht. Diese soll laut dem jüngsten Wohnungsmarktbericht der Stadt Essen vor allem dadurch verbessert werden, dass die Eigentümer in ihren Bestand investieren.

Dass so wenige Investoren bereit sind, sich in Essen im öffentlich geförderten Wohnungsbau zu engagieren, hat Gründe: Zunächst einmal, weil mit Ausnahme der Grünen Harfe zwischen Karnap und Kettwig keine neue Wohnbauflächen ausgewiesen wurden. Des Weiteren liegen die Renditeerwartungen nur knapp über dem marktüblichen Zins, also keine drei Prozent. Die Folge: Von den aktuell 22.000 Wohnräumen, für die aufgrund der öffentlichen Förderung eine Miet- und belegungsrechtliche Bindung besteht, werden im Jahr 2030 nur noch 14.000 existieren. Die Bindungen laufen nach drei bis vier Jahrzehnten aus.

Zum Vergleich: Im Jahr 2000 waren es noch 44.000 Sozialwohnungen – ein Begriff, der despektierlicher klingt, als es nötig ist. Denn natürlich ist auch der Soziale Wohnungsbau mit dem Markt gegangen, hat von seinen Bausünden gelernt. Statt 6.000-Menschen-Wohnanlagen wie auf dem Hörsterfeld vor 40 Jahren, werden nun auch Doppelhaushälften wie an der Röttgersbank in Altenessen gefördert. Was von außen wie ein Einfamilienhaus mit Garten aussieht, kostet nur 4,85 Euro pro Quadratmeter monatlich – eine Kalkulation, die sich für die Investoren nur wegen der öffentlichen Gelder lohnt. Entsprechend sind diese gerade einmal 50 Objekte ihrer Art „heiß begehrt“, wie Rudolf Gruber zu berichten weiß. Der Mann, der beim Amt für Stadterneuerung die Abteilung für Wohnungsbaufinanzierung leitet, betont aber auch die Notwendigkeit des Sozialen Wohnungsbaus in Essen. Laut Gruber bedeute eine alternde Gesellschaft eine Zunahme an Mietern, die von ihrem Gesamteinkommen weniger Geld für ihre Wohnungsmiete abzwacken können. Der Soziale Wohnungsbau könnte also wieder Standards setzten: Diesmal eben in Sachen altersgerechte und barrierefreie Wohnungen für kleines Geld. Getreu der Formel: Sozial und förderungswürdig ist, was bezahlbaren Wohnraum schafft.

Sozialwohnungen in Essen

Untypisch, aber heiß begehrt: Eine sozial geförderte Doppelhaushälfte... Foto: Sebastian Konopka
Untypisch, aber heiß begehrt: Eine sozial geförderte Doppelhaushälfte... Foto: Sebastian Konopka © WAZ FotoPool
...wie hier an der Röttgersbank in Altenessen. Foto: Sebastian Konopka
...wie hier an der Röttgersbank in Altenessen. Foto: Sebastian Konopka © WAZ FotoPool
Ein gelungenes Beispiel für sozialen Wohnungsbau ist in Kettwig zu betracht. Foto: Remo Bodo Tietz
Ein gelungenes Beispiel für sozialen Wohnungsbau ist in Kettwig zu betracht. Foto: Remo Bodo Tietz © WAZ FotoPool
Die Häuser an der Ruhrtalstraße sind begehrt. Foto: Remo Bodo Tietz
Die Häuser an der Ruhrtalstraße sind begehrt. Foto: Remo Bodo Tietz © WAZ FotoPool
Ließ vor vielen Jahren mal keine Wohnwünsche übrig: Die Häuserzeile Am Bonhoeffer Weg auf dem Hörsterfeld. Foto: Ulrich von Born
Ließ vor vielen Jahren mal keine Wohnwünsche übrig: Die Häuserzeile Am Bonhoeffer Weg auf dem Hörsterfeld. Foto: Ulrich von Born © WAZ FotoPool
Die Wohnblöcke wurden in drei- bis siebenstöckiger Bauweise errichtet.  Foto: Ulrich von Born
Die Wohnblöcke wurden in drei- bis siebenstöckiger Bauweise errichtet. Foto: Ulrich von Born © WAZ FotoPool
Eng zusammen und jeder für sich:  Impression von einem Wohnblock auf dem Hörsterfeld. Foto: Ulrich von Born
Eng zusammen und jeder für sich: Impression von einem Wohnblock auf dem Hörsterfeld. Foto: Ulrich von Born © WAZ FotoPool
Die sechs- bis siebengeschossigen Wohnblocks werden durch die Gagfah vermietet. Foto: Ulrich von Born
Die sechs- bis siebengeschossigen Wohnblocks werden durch die Gagfah vermietet. Foto: Ulrich von Born © WAZ FotoPool
Die sechs- bis siebengeschossigen Wohnblocks werden durch die Gagfah vermietet. Foto: Ulrich von Born
Die sechs- bis siebengeschossigen Wohnblocks werden durch die Gagfah vermietet. Foto: Ulrich von Born © WAZ FotoPool
Die sechs- bis siebengeschossigen Wohnblocks werden durch die Gagfah vermietet. Foto: Ulrich von Born
Die sechs- bis siebengeschossigen Wohnblocks werden durch die Gagfah vermietet. Foto: Ulrich von Born © WAZ FotoPool
Die sechs- bis siebengeschossigen Wohnblocks werden durch die Gagfah vermietet. Foto: Ulrich von Born
Die sechs- bis siebengeschossigen Wohnblocks werden durch die Gagfah vermietet. Foto: Ulrich von Born © WAZ FotoPool
Die sechs- bis siebengeschossigen Wohnblocks werden durch die Gagfah vermietet. Foto: Ulrich von Born
Die sechs- bis siebengeschossigen Wohnblocks werden durch die Gagfah vermietet. Foto: Ulrich von Born © WAZ FotoPool
An der Erasmusstraße im Bergmannsfeld in Freisenbruch... Foto: Ulrich von Born
An der Erasmusstraße im Bergmannsfeld in Freisenbruch... Foto: Ulrich von Born © WAZ FotoPool
...stehen zwei Hochhäuser... Foto: Ulrich von Born
...stehen zwei Hochhäuser... Foto: Ulrich von Born © WAZ FotoPool
...sowie sanierte und nicht sanierte drei und fünfstöckige Wohnhäuser... Foto: Ulrich von Born
...sowie sanierte und nicht sanierte drei und fünfstöckige Wohnhäuser... Foto: Ulrich von Born © WAZ FotoPool
...die zumindest teilweise durch die LEG vermietet werden. Foto: Ulrich von Born
...die zumindest teilweise durch die LEG vermietet werden. Foto: Ulrich von Born © WAZ FotoPool
Sozialer Wohnungsbau im Bergmannsfeld in Freisenbruch. Foto: Ulrich von Born
Sozialer Wohnungsbau im Bergmannsfeld in Freisenbruch. Foto: Ulrich von Born © WAZ FotoPool
Sozialer Wohnungsbau im Bergmannsfeld in Freisenbruch. Foto: Ulrich von Born
Sozialer Wohnungsbau im Bergmannsfeld in Freisenbruch. Foto: Ulrich von Born © WAZ FotoPool
Sozialer Wohnungsbau im Bergmannsfeld in Freisenbruch. Foto: Ulrich von Born
Sozialer Wohnungsbau im Bergmannsfeld in Freisenbruch. Foto: Ulrich von Born © WAZ FotoPool
Sozialer Wohnungsbau im Bergmannsfeld in Freisenbruch. Foto: Ulrich von Born
Sozialer Wohnungsbau im Bergmannsfeld in Freisenbruch. Foto: Ulrich von Born © WAZ FotoPool
Am Morgensteig in Kray/ Schonnebeck... Foto: Ulrich von Born
Am Morgensteig in Kray/ Schonnebeck... Foto: Ulrich von Born © WAZ FotoPool
...stehen einstöckige Siedlungshäuser. Foto: Ulrich von Born
...stehen einstöckige Siedlungshäuser. Foto: Ulrich von Born © WAZ FotoPool
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