Leinen los - Der Hundeauslauf sorgt in Essen für Ärger
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Essen.. „Der tut nichts“: Wem ein großer Hund in halsbrecherischem Tempo entgegen kommt, den ärgert diese Aussage des Hundehalters maßlos. Doch auch unter Hundefreunden herrscht oft ein rauer Ton. Auf den Hundewiesen im Stadtgebiet prallen die unterschiedlichsten Interessen aufeinander.
Hunde, Halter und Hundelose: Treffen sie zusammen, prallen auch Interessen aufeinander. Der eine fordert zurecht Auslauf für den Vierbeiner, der andere will sich nicht immer beschnuppern lassen. Auch wenn „der nix tut“. Manchmal rasen große Hunde hinter Rädern her, haben Heinz-Ulrich Schmitz und Elisabeth Riehle beobachtet. Ihre schnuppern friedlich auf der Wiese am Haumannplatz. Dennoch hätten Radler sie mal beschimpft.
Ein kleiner Terrier hingegen lief brav an der Leine, als er kürzlich in der Schnauze eines frei gelassenen Labradors landete. „Das hat er noch nie gemacht“, rief Herrchen, eilte davon. „Das ist ein soziales Problem“, meint Tierheimleiterin Bärbel Thomassen. Es passiere, dass unerzogene Hunde los gelassen würden. Es gebe Halter, die glauben: Das machen die Hunde unter sich aus. So bestürmten fünf ihre kleine Hündin: „Da ist nichts mehr mit Spielen.“ Da mangele es am anständigen, freundlichen Miteinander der Halter. Stattdessen hört mancher als Antwort auf die Bitte, den Hund angeleint zu lassen: „Passen Sie doch mit ihrem Köter auf.“
Viele Regeln, wenig Auslaufmöglichkeit
Ob die Situation in der Großstadt manchmal schlechte Stimmung schafft, weil es so viele Regeln und so wenig Auslaufmöglichkeiten gibt? Mehr als 22.500 Hunde sind gemeldet. In Parks, auf Spielplätzen und in Fußgängerzonen gilt Leinenpflicht, erklärt Norbert Geldermann, Sachgebietsleiter Allgemeine Gefahrenabwehr.
Im Grugapark falle aber auf, dass einige die Abendstunden nutzen, wenn die Kasse nicht besetzt sei, um Hunden Freilauf zu verschaffen, sagt Eckhard Spengler von Grün und Gruga. Sie können Halter ermahnen und permanente Parkverweise aussprechen. Generelles Hundeverbot in Parks wie in Berlin hält Spengler für „nicht durchsetzbar“.
Innerhalb geschlossener Bebauung müssen Hunde angeleint bleiben, die größer als 40 cm oder schwerer als 20 kg sind oder wenn sie nach Landeshundeverordnung zu den gefährlichen Rassen zählen, so Geldermann. Letztere dürfen sich auch außerhalb der Bebauung immer erst nach bestandenem Test frei bewegen.
Im Wald dürfen Hunde laut Landesforstgesetz ohne Leine laufen, wenn sie auf dem Weg bleiben. Die Stadt hält zudem 29 Hundewiesen bereit: „Um ihnen das Leben zu erleichtern“, steht im Internet. Heißt: Leinen los. Auch für große Hunde und „gefährliche“ mit Befreiung. Geldermann: Für alle Hunde gelte eh, Freilauf nur, wenn sie „gehorsam sind und keine Gefahr darstellen“.
Hundewiesen an stark befahrenen Straßen
Gefährlich kann es für Hund und Mensch werden, wenn die Wiesen an stark befahrenen Straßen liegen wie am Haumann- oder Moltkeplatz. Laut Polizei landete im Herbst ein Hund am Haumannplatz unter einem Lkw. Und Halter Martin Troniseck erinnert sich an einen Rüden, der hinter einer läufigen Hündin her war und vor die Straßenbahn lief. Der 32-Jährige fände Zäune sinnvoll.
„Wenn die Stadt Wiesen an vierspurigen Straßen ausweist, muss sie für Schutz sorgen“, sagt Bärbel Thomassen. In Dortmund finanzierte der Tierschutzverein aus Spenden 20 umzäunte Wiesen, für je bis zu 17.000 Euro. Folgekosten pro Jahr: 70.000 Euro. Das könnte sich der Verein leisten, weil er im Gegensatz zum Essener kein Tierheim betreibe, sagt Thomassen. Und die Stadt entgegnet zu Zäunen: „Nicht finanzierbar.“ Weglaufen könnten Hunde überall, „Hundehalter sind da in der Pflicht“.
Hunde helfen Menschen
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In Heisingen hat die Stadt Kinder umzäunt: „Dass der Spielplatz wegen der Hunde eingezäunt wurde, damit Kinder nicht gefährdet werden, ist ein Extremfall“, sagt Spengler. Ließ Eltern aber aufatmen, die auch über Radler klagten. Für Hunde gilt bis zum Spielplatz an dem Weg am Baldeneysee ohnehin Leinenpflicht: Es ist Naturschutzgebiet. Stattdessen spazieren mitunter Halter seelenruhig, während Waldi frei laufend Enten scheucht.
Zeitweise weist ein Mann dort Halter zurecht, der kurz einen Ausweis zeigt. Das sei kein städtischer Mitarbeiter, sagt die Stadt und warnt vor Abzocke: „Vielleicht fühlt sich auch jemand berufen, die Vögel zu schützen“. Die Stadt sei als Doppelstreife mit der Polizei unterwegs, suche aber nicht gezielt nach unangeleinten Hunden: Das sei personell unmöglich. Wann sie jedoch eingreife, erklärt Geldermann: „Wenn sich Hundehalter regelmäßig an einer Stelle sammeln und das Gebiet für Hundezwecke besetzen.“ Das gehe nicht, lernten auch einige Halter an der Wiese in Stoppenberg neben dem Hallopark.
Tütenspender für saubere Grünanlagen
Sie sind klein, schwarz und mit ihnen lässt sich so mancher Haufen schnell entsorgen: 20 Hundekot-Tütenspendern gibt es im Stadtgebiet derzeit an einigen Hundewiesen und Parkanlagen, aufgestellt hat sie das Team von Essen picco-bello.
Das Prinzip: Der Hundekot wird mit den kleinen Plastiktüten aus dem Spender aufgenommen und in den nächsten Abfalleimer entsorgt. Auch der Stadtverband der Kleingärtnervereine hat im vergangenen Jahr rund um seine Kleingartenanlagen solche Hundekot-Tütenspender aufgestellt. „Wir möchten die Wege unserer Anlagen ja auch sauber haben“, berichtet Heinz Schuster, Vorsitzender des Vereins. Ist der Hundekot in der kleinen Plastiktüte gelandet, kann ihn der Halter in den darunter angebrachten Abfalleimer werfen. Doch wer leert diesen Eimer? Die Kooperation mit der Stadt sah eigentlich vor, dass diese die Entleerung übernimmt. „Doch da sind offensichtlich die Zuständigkeiten nicht klar“, ärgert sich Schuster.
Wer den Papierkorb leert, hänge davon ab, wo er steht, erklärt Bettina Hellenkamp von den Essener Entsorgungsbetrieben. „Wenn die von den Kleingärtnervereinen aufgestellten Hundekot-Tütenspendern samt Abfalleimern an Straßen oder auf Flächen stehen, mit deren Reinigung wir beauftragt sind, leeren wir die, ansonsten sind sie selbst dafür verantwortlich.“ Gähnende Leere herrscht dagegen oftmals in den Spendern an den Hundewiesen. „Da nehmen sich einige Hundebesitzer oft gleich mehrere Tüten mit“, ärgert sich ein Hundehalter am Haumannplatz, dass sich so mancher Hundefreund wohl bevorratet.
Das Ignorieren der Hinterlassenschaften des eigenen Vierbeiners kann Hundehalter teuer zu stehen kommen: 50 Euro sind fällig, wenn der eigene Hund auf Straßen oder in Grünanlagen sein Geschäft verrichtet hat. Für nicht weg geräumten Hundekot auf Spielplätzen müssen Hundebesitzer 100 Euro bezahlen.
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