Essen.. Atomstrom ist politisch nicht mehr erwünscht. Trotz massiver Proteste im vergangenen Jahr wechselten jedoch nur wenige Essener nach der Reaktor-Katastrophe von Fukushima den Anbieter. Bis zum Jahr 2022 atomstromfrei – für die hiesigen Stromanbieter ist dies ein ehrgeiziges Ziel.
3000 bis 4000 Kilowattstunden Strom verbrauchen die Mitglieder eines durchschnittlichen Essener Haushalts pro Jahr. Durchschnitt, das sei eine Familie mit zwei Kindern in einer Wohnung, erklärt Peter Hoscheidt, Pressesprecher der RWE AG in Essen. Der allergrößte Teil der 400 000 Essener RWE-Strom-Kunden und auch der 10 000 Stadtwerke-Kunden beziehen ihre Energie aus einem Strom-Mix aus Gas, Braun- und Steinkohle, erneuerbaren Energien und Kernenergie.
„Zu welchen Teilen sich der Strom-Mix zusammensetzt, können wir allein für Essen nicht ermitteln“, so Hoscheidt. Laut Stadtwerken, die seit Mai 2009 ebenfalls Strom anbieten, stammten 2010 – auf ganz Deutschland gerechnet – knapp 25 Prozent aus Kernenergie. Allein im Unternehmen bestand der Anteil der Kernenergie im Strom-Mix aus knapp 23 Prozent. Damit ist bald Schluss. Denn spätestens 2022 soll in Deutschland das letzte Atomkraftwerk vom Netz gehen. Dieses Ziel hat die Bundesregierung in Folge des Unglücks in Fukushima gesetzt. Ökostrom lautet die Devise.
„Da muss noch eine Menge Bewusstsein geschaffen werden“
Bis zum Jahr 2022 atomstromfrei – für die hiesigen Stromanbieter ist dies ein ehrgeiziges Ziel. „Das erfordert Kräfte“, sagt Hoscheidt, und stelle die Versorger vor einige Herausforderungen. Es sei gar nicht die Frage, ob das geht, so Hoscheidt. „Es muss gehen, wir sprechen hier von einer gesetzlichen Vorgabe. Alle müssen daran ihren Anteil leisten.“ Bisher hat der Strom für die Essener Haushalte kurze Wege zurückgelegt. Es gibt in NRW und vor allem im Ruhrgebiet viele Kraftwerke. Schwierig dagegen, im Ballungsgebiet Windkraftanlagen zu bauen. Das geht besser hoch im Norden, wo weniger Menschen leben und es mehr freie Flächen gibt, am besten im Meer.
Das heißt aber, der Strom muss einen weiteren Weg zurücklegen, bis er den Verbraucher erreicht. „Die Kapazität des Übertragungsnetzes ist eines der größten Probleme“, erklärt der RWE-Sprecher. Die reiche nicht aus, um mehr Strom über weitere Strecken zu transportieren. Ein weiteres Problem ist es ohne Atomstrom und mit dem Fokus auf umweltfreundliche Energieerzeugung, die richtige Menge zur richtigen Zeit parat zu haben. Im Strom-Mix etwa habe, laut Hoscheidt, schon jetzt Ökostrom bei der Einspeisung ins Netz Vorrang, Kraftwerke würden nach Anweisung der Netzbetreiber dementsprechend reguliert. Das geht beispielsweise bei Wind- und Sonnenenergie nicht. Ins Netz müsse gleichmäßig Strom eingespeist werden, erklärt der RWE-Pressesprecher, damit es keine Schwankungen und damit Probleme beim Verbraucher gibt.
„Ökostrom kann nicht gespeichert werden“
Die Menge sei zu verbrauchsarmen Zeiten weniger das Problem, denn es gebe schon jetzt Tage, an denen selbst Windkraftanlagen vom Netz müssen, weil sie zu viel Strom produzieren. „Aber Ökostrom kann nicht gespeichert werden“, so Hoscheidt.
RWE als Aktienunternehmen investiert aus Geschäftsgewinn, muss aber dennoch Gewinn machen. Die Frage ist, was kommt beim Verbraucher an? „Erneuerbare Energie ist nicht preiswerter. Da muss zumindest erst einmal investiert werden“, erklärt Pomplun. Derzeit kostet der Ökotarif pro Kilowattstunde 0,7 Cent mehr als der Strom-Mix der Stadtwerke. Der Stadtwerkesprecher wünscht sich schnell klare Ansagen vom Gesetzgeber. „Schließlich reden wir hier insgesamt von Milliardeninvestitionen, da müssen vor allem die Energieversorger, die selbst Strom produzieren, wissen wohin die Reise geht.“ Was beim Verbraucher ankommt, hänge davon ab, wie die gesetzlichen Auflagen aussehen. Bei der RWE AG kostet der Ökostrom im Grundtarif das gleiche wie der Strommix.